Wie doof sind wir eigentlich?

Kapselkaffee ist extrem teuer und schadet unserer Mitwelt. Trotzdem (oder deshalb?) wird er immer beliebter.

Was lernen wir daraus, dass Kaffeekapseln einen unglaublichen Boom hinlegen? Ich kenne Menschen, die „im Prinzip“ die Umwelt schützen wollen, aber bei Kapselkaffee machen sie „mal“ ne Ausnahme. Da muss ich mich – und ich bin tendenziell ein sanfter Mensch – wirklich zusammenreißen, um nicht überzukochen. Sorry, wenn ich einer/m von Euch damit zu nahe trete.

Ich gehe aber mal ganz menschenfreundlich davon aus, dass Menschen, die sich so ne Maschine kaufen, einem Kaufimpuls folgen, der sich gut anfühlt. Und wenn sich was gut anfühlt, dann kaufen wir eben. Es ist ja so praktisch für Kaffeefans: Nicht mehr denken, nur noch einlegen, drücken, einschalten, genießen. Oder? Das ist es doch. Dass dieses Verhalten aber auch ziemlich crazy ist, spricht sich inzwischen herum.

Am 21.3.13 meldete die Welt: 2012 wurden 32.000 Tonnen Kaffee in Pads abgefüllt verkauft. Von Januar bis April 2013f kauften rund 500.000 Deutsche eine Kapsel-Maschine. Die werden nämlich relativ billig angeboten, das Hauptgeschäft sind die Kapseln. Kauft jemand besonders günstige Kapseln ein, zahlt er 20 Euro fürs Pfund Kaffee, meistens eher 30 Euro. Und das alles meistens in Aluminium, dessen umweltschädliche, energieaufwändige Produktion die Spatzen vom Dach pfeifen (Alternative: biologisch abbaubare Kapseln bei Rewe). Genaue Kosten hat der WDR kürzlich vorgerechnet: 1 Pfund konventioneller Kaffee: ca. 5 €, 1 Pfund Lidl-Kapselkaffee: 19,14 €, 1 Pfund Kaffee in Nespresso-Kapseln: 37,04 Euro.

Was lernen wir also daraus? Eines auf jeden Fall: Das wir überwiegend nicht vom Gehirn, sondern von der Werbung gesteuert werden. Den Deutschen ist nämlich ihre Mitwelt keineswegs scheißegal. Sie sehen da nur keinen Zusammenhang. Jedenfalls nicht, wenn’s um ihre eigene Bequemlichkeit geht.

Schon gewusst? Teepads, Cappuccinopads und Schokoladenpads sind im Kommen. Es ist zum Kopf-an-die-Wand-stoßen. Gummizelle erwünscht.

Foto: pixabay/jarmoluk

Gefährliche Kräutertees durch Pyrrolizidinalkaloide?

Auch beim Tee die Kirche im Dorf lassen

Als ich damit begann, meine eigenen Kräutertees herzustellen, gehörte Huflattich zu meinen ersten Bekannten. Denn das seltsame Anti-Husten-Kraut blüht im Frühjahr, bevor es Blätter treibt und ist deshalb mit keinem anderen zu verwechseln. In den letzten Jahren verunsichern aber immer wieder Hinweise auf die darin enthaltenen, giftigen Pyrrolizidinalkaloide (PA). Schon mal vorweg: Ich werden Hoflattichtee trotzdem trinken. Und dafür gibt es gute Gründe.

Huflattich (Wikipedia_Merops)Eine besondere Rolle in der PA-Verunsicherung spielte das für die Lebensmittelsicherheit zuständige Bundesinstitut für Risikobewertung. Als es im März 2014 seine 30-seitige Bewertung von Kräutertees und Tees publizierte, warf es einen mächtigen Stein in den Teich der Kräuterteehersteller. Denn PA sind möglicherweise krebserregend, leber- und lungenschädlich, können Embyos schädigen und unsere Gene verändern. Die PA, von denen es über 500 verschiedene (und unterschiedlich gefährliche) Varianten in über 5.000 Pflanzenarten gibt, sind quasi allgegenwärtig: in Honig, in Salaten, in Gemüsen, in Tees, in Kräuterpräparaten, in Getreideerzeugnissen und in den Lebensmitteln, die von Pflanzenfressern gewonnen werden: Milchprodukten. Der Grund für die Allgegenwart der PA: Sie sind die Universalwaffe der Pflanzen, um sich gegen übermäßigem Schädlingsfraß zu wehren.

Mit anderen Worten: Menschen nehmen PA zu sich, seit sie sich von Pflanzen ernähren, also: schon immer. Das eigentlich Problem mit den Pflanzenabwehrmitteln sind nicht diese selbst, sondern unser Umgang mit Pflanzen; genauer gesagt: unser eventuell manischer Umgang mit Pflanzen. Wer nämlich meint, er müsse wochenlang nur noch Huflattichtee trinken, und zwar täglich etliche Tassen, der wird sich irgendwann möglicherweise vergiften. Trinkt er aber mal ein, zwei Wochen Huflattichtee gegen seinen Husten, sonst aber gar nicht; trinkt er ansonsten Mischkräutertees, Schwarztee, Grüntee, Kaffee, Getreidekaffee usw., dann sinkt das Risiko, den bösen PA zum Opfer zu fallen, gegen Null. Mit anderen Worten: Verhält sich der Teetrinker wie ein ganz normaler Mensch, passiert ihm nix. Und noch weniger als nix, wenn er gelegentlich seine Teemarke wechselt.

Es gibt also zu PA eigentlich nichts Besonderes zu vermelden, außer dass wir uns keine Sorgen machen müssen, wenn uns mal wieder erzählt wird, wie gefährlich sie seien. Rein theoretisch sind sie‘s ja. Das muss man gar nicht abstreiten. Rein praktisch aber eben nicht. Und einen gesetzlich Grenzwert, wie viel PA in 100 Gramm Tee enthalten sein dürfen, gibt es übrigens auch nicht.

Hier findest Du ausführliche Angaben des Bundesinstitut für Risikobewertung zum  Thema Pyrrolizidinalkaloide.

Foto: pixabay/Lebensmittelfotos