Kaufhaussterben – eine Chance?

(Dez. 2014_01) Seit 1.11. ist die Stadt Iserlohn im Sauerland Besitzer ihres Karstadt-Kaufhauses, Karstadt jetzt offizieller Mieter der Stadt. Mehrere Millionen Euro musste die Stadt dafür hinlegen, um die Konsumenten-Bruchbude zu erwerben. Und das kam so: Um Karstadt steht es ohnehin nicht gut, und die Filiale in Iserlohn gehört „zu den gefährdeten Filialen“. Der bisherige Besitzer wollte sie also loswerden. Um zu vermeiden, früher oder später eine Betonruine in der Stadt zu haben, übernahm diese das heikle Objekt.
Spannend an diesem Vorgang sind zwei Vorgänge: einmal das Kaufhaussterben an sich, zum anderen das Engagement des Oberbürgermeisters. Warum sterben Kaufhäuser, Hertie allen voran, Quelle ist lange tot. Sollten wir uns, die wir mit diesen Tempeln überwiegend überflüssigen und weltschädlichen Konsums nichts am Hut haben, ob ihrer Misere also ins Fäustchen lachen? In gewisser Weise ja; andererseits werden sie ja nicht durch sinnvollere Alternativen ersetzt. Erfreulich ist allenfalls, dass viele Konsumenten die Massenware leid sind und nach Besserem, Interessanterem suchen. Nach Weltfreundlicherem gelegentlich auch, doch bleibt das die Ausnahme. Kein sich schließendes Kaufhaus löst eine Zusatznachfrage nach Öko-Klamotten aus. Jedenfalls habe ich noch nie davon gehört. Nur eins ist sicher: Menschen werden arbeitslos, Familien und Kinder leiden darunter und kaufen künftig noch billiger ein als bisher schon. Spätestens bei dem Gedanken bleibt mir die Häme im Hals stecken.

Und dann ist da der Oberbürgermeister und Alt-SPDler Peter Paul Ahrens. Dass ausgerechnet er sich einmischt, scheint kein Zufall. Er ist Mitglied des Städtenetzwerks „Mayors for Peace“ und engagiert sich öffentlich für mehr Nachhaltigkeit. Offenkundig (oder hoffentlich) gehört er zu einer Generation von Politikern, die nicht einfach nur versuchen, im Mainstream schwimmend ihre Schäflein ins Trockene zu bringen. Er scheint aktiv mitgestalten zu wollen für eine bessere Zukunft. Ich freue mich über solche Signale, denn ich bin die visionslosen Verwalter der politischen und ökonomischen Altbestände leid. So gesehen ist also die Übernahme des Iserlohner Kaufhauses vielleicht doch ein Grund zur Freude, wenigstens um zwei Ecken. Leider eben nur vielleicht. Denn wenn eines Tages die Karstadtfiliale abgewickelt sein wird, fragt sich, ob daraus nicht doch eine Ruine wird, dann eben eine in städtischem Besitz, bezahlt mit Bürger-Millionen.

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