Saatgut kann zu Saatschlecht werden
Wer das Saatgut kontrolliert, kontrolliert die Welt
(efp).- Ohne Pflanzensamen keine Pflanzen, und ohne Pflanzen keine Nahrung für Tier und Mensch. Banale Wahrheiten. Doch sobald man begreift, dass so gut wie alle Samen unserer Gärtner und Bauern aus der Saatzucht stammen, versteht man auch: Alles, was wir essen, hängt von der Saatzuchtindustrie ab. Noch klarer fasste der frühere US-Außenminister Henry Kissinger diesen Zusammenhang so zusammen: „Wer das Saatgut kontrolliert, beherrscht die Welt.“
Wegwerf-Saatgut statt samenfestem Saatgut
Nun, fünf Firmen kontrollieren weltweit 95 Prozent der Saatgutproduktion. So wandelt sich Saatgut zu Saatschlecht. Mit anderen Worten: Fünf Firmen entscheiden, was wir zu essen bekommen. Sie heißen Monsanto, Syngenta, Bayer, Dow und BASF. Nein, keine Sorge, sie lassen uns nicht verhungern. Das ist nicht das Problem, denn davon hätten sie nichts. Das Problem liegt ganz woanders.
Zunächst einmal gibt es da ein moralisches Problem. Der Großteil der Landwirte ist von diesen Firmen abhängig; sie müssen das Saatgut jedes Jahr neu kaufen und können keines selbst gewinnen. Was Jahrmillionen selbstverständlich war: Samen keimen, Pflanzen wachsen, fruchten, entwickeln Samen und keimen nächstes Jahr wieder neu, hat die Saatgut-Großindustrie systematisch zerstört. Durch konzentrierte Inzucht produziert sie Einmalsamen bzw. Hybridsamen, zu kaufen in jedem Gartenmarkt der Republik. Freilich entwickeln auch daraus wachsende Pflanzen Blüten und Samen, doch die Pflanzen aus diesen Zweitsamen wachsen entweder auf unkalkulierbare Weise, schlecht oder gar nicht. Für die Landwirtschaft ist von Hybridpflanzen gewonnenes Saatgut in der Regel unbrauchbar, es ist nicht mehr „samenfest“, Wegwerfsaatgut sozusagen. Auch Biosamen dürfen übrigens Hybridsamen sein.
Eiserne Saatgut-Klammer für die Landwirte
Das ist schlimm genug. Dazu kommt, dass diesen Industriesamen gentechnisch Eigenschaften beigebracht wurden, die die Bauern dazu zwingen, Kunstdünger, Herbizide und Pestizide einzusetzen, selbstverständlich solche, die ebenfalls von den Konzernen angeboten werden. Hinzu kommt, dass bei patentiertem Saatgut (kaum zu glauben, aber das gibt es längst) auch die Ernteprodukte patentiert sind. Auf alles hat der Patentinhaber seine Hand, und für alles muss der Landwirt zahlen. Wen das noch immer nicht stört, der sollte sich klar machen, dass die Menschheit mit zwei gegenläufigen Kurven kämpft. Auf der einen Seite: Abnehmende Bodenqualität durch industrielle Landwirtschaft – und damit bei gleichem Einsatz immer schlechtere Ernten – und auf der anderen Seite eine wachsende Weltbevölkerung. Greenpeace spricht nicht umsonst von einer Gen-Diktatur der Saatgutindustrie. Sofern wir nicht gegensteuern, wird sich ihre eines Tages alles zivilisierte Leben auf diesem Planeten beugen müssen.
Saatgut für aufgeklärte Verbraucher
Was können wir als Verbraucher tun? Der erste Schritt besteht darin, sich diese Zusammenhänge klar zu machen und sie anderen zu erklären. Im zweiten Schritt sollten wir nur noch Saatgut kaufen, das samenfest ist, mit dem sich also neue Samen erzeugen lassen. Laut Saatgutverkehrsgesetz müssen Tüten mit Hybridsamen den Aufdruck F1 tragen. Für wiedervermehrbares Saatgut googelt man am besten mit den Worten „samenfest“ plus „Saatgut“. Erfahren und seit vielen Jahren auf dem Markt sind die Bingenheimer Saatgut AG sowie der Dreschflegel Saatgutversand. Einen soliden Überblick bietet die „Interessengemeinschaft gentechnikfreie Saatgutarbeit“ (http://www.gentechnikfreie-saat.org/).