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Kein Leben ohne Boden

Der Mutterboden ist weltweit gefährdet – dabei ist er die Grundlage unserer Ernährung

BioFach 2015 in Nürnberg – Interview mit Michael Wilde, Leiter der Nachhaltigkeits- und Kommunikationsabteilung von EOSTA, einem Betrieb, der u.a. den deutschen Markt seit 25 Jahren mit frischem Bio-Obst und -Gemüse beliefert.

Jede Minute verlieren wir 30 Fußballfelder an fruchtbarem Boden


Ich habe gehört, dass ihr eine Initiative zur
Bodenqualität macht?

Ja, die Kampagne heißt auf Englisch: Save our Soils, auf Deutsch: Rettet unsere Böden. Die Kampagne führen wir jetzt seit 3 Jahren durch. Die FAO (Food & Agriculture Organization) der Vereinten Nationen möchte gerne, dass mehr Leuten bewusst wird, wie wichtig Böden sind und dass es den Böden eigentlich sehr schlecht geht. Und deshalb hat man uns gefragt, gemeinsam eine Kampagne aufzusetzen. Das ist die Save-our-Soils-Kampagne. 2015 ist das Internationale Jahr des Bodens und es ist sehr, sehr wichtig, gerade jetzt über Böden zu sprechen. Die Kampagne ist eigentlich sehr einfach angelegt. Es gibt 3 Stufen:

1. Wir sagen: The soil is the limit – es gibt ein Problem mit Böden: Wir verlieren 30 Fußballfelder jede Minute an fruchtbaren Böden.

2. Organic oder bio is the soilution, also die Lösung für das große Problem.

3. Auch sehr wichtig, um so viele Leute wie möglich in die Kampagne einzubeziehen: Become a soilmate – werde ein Freund der Böden, spreche darüber, denke darüber nach.

Ich vermute mal, das Ganze ist recht komplex. Und ich glaube, es wäre gut, wenn Sie uns einfach die Website nennen, wo man sich genauer darüber informieren kann.

Das ist eine gute Idee! Das ist www.rettetunsereböden.de bzw. www.saveoursoils.com.

Das gibt einem Energie!


Jetzt noch mal zu Ihrem Background: Vielleicht mögen Sie einmal zwei Sätze zu sich sagen: Woher kommen Sie? Und dann haben Sie sicherlich auch ein Umfeld, über das sich Spannendes erzählen lässt.

Ich komme aus Holland und mein Umfeld … ich will es mal so sagen: Mein Bruder ist als Kinderchirurg oft in Afrika und in der ganzen Welt unterwegs, um Kinder fit zu machen. Und ich fand es immer schön, dass jemand seine Arbeit damit kombinieren kann, etwas Schönes zu tun für die Welt und die Mitmenschen. Ich bin schon sehr lange im Bereich Obst und Gemüse tätig und habe mir überlegt: Wie kann ich da einen Job finden, in dem ich auch etwas für unsere Mitmenschen und diesen wunderbaren Planeten tue? Und dann bin ich glücklicherweise zu diesem Betrieb gekommen, zu Eosta, „where ecology meets economy“, also wo Kommerz und Ökologie sehr gut zusammengehen. Und jetzt bin ich sehr glücklich, dass ich hier zuständig bin für die Abteilung Nachhaltigkeit und Kommunikation, so dass ich alle die wunderbaren Dinge, die mit unseren Bioerzeugern auf der ganzen Welt passieren, kommunizieren darf. Und was für schöne Storys die haben! Diese Storys zu erzählen, das ist so wichtig. Und ich bin sicher, wenn mehr und mehr Leute diese Storys hören und wenn man eine Idee davon bekommt, dass man jedes Mal, wenn man ein Geschäft eingeht, eine Wahl trifft für die Welt, die man haben möchte – ja, das ist wahnsinnig wichtig. Das ist für mich das Größte, das gibt mir Energie.

Wow, ich merke, es sprudelt richtig aus Ihnen heraus. Vielleicht möchten Sie noch mal etwas zu Eosta sagen? Wie groß ihr seid, was man an Kennzahlen nennen kann, um Menschen, die das Unternehmen nicht sofort zuordnen können, eine Vorstellung zu geben …

Wir sind ein Marktführer in Europa im Bereich frisches Bio-Obst und -Gemüse. Wir haben eine sehr breite Palette von Produkten, also nicht nur Äpfel und Birnen und Kürbisse, sondern auch exotische Produkte wie Vanille oder Zitronengras oder Tamarinde, und wir haben ungefähr 80 Mitarbeiter. Wir sind im Vergleich mit anderen Obst- und Gemüsefirmen eigentlich nicht so groß, aber im Bio-Bereich sind wir schon eine der größten.

Die Welt können wir nur zusammen besser machen


Können Sie sich vorstellen, Ihr Unternehmen auch ohne weiteres Wachstum zu betreiben, oder ist das unmöglich?

Also ich finde es sehr gut, wenn wir wachsen. Weil Wachstum heißt, dass mehr und mehr Leute Bio essen, und ich finde, das ist nur gut für unsere Umwelt und für alle eigentlich: für das Wasser, für die Böden, über die wir gerade gesprochen haben, für die Biodiversität. Also ich bin sehr glücklich, wenn wir wachsen, weil das heißt, dass der ganze Biosektor wächst. Wenn es um Konkurrenz oder Wettbewerb geht: Für uns ist das schön, weil die Torte immer größer wird, und wir freuen uns auch, wenn unsere Wettbewerber wachsen. Wir haben alle, denke ich, das gleiche Ziel, nämlich mehr Leute für Bio zu gewinnen, und das ist nur positiv. Es ist ganz anders als im Nicht-Bio-Bereich, wo man sich wirklich bekämpft; hier sind wir nicht die dicksten Freunde, aber wir haben doch das gemeinsame Ziel vor Augen.

Inwiefern arbeitet ihr mit anderen Unternehmen zusammen?

Na zum Beispiel jetzt bei dieser Save-our-Soils-Kampagne, über die wir gerade gesprochen haben. Das ist ein superschönes Beispiel, wo wir mit anderen Unternehmen und Organisationen wie Alnatura oder Lebensbaum zusammenarbeiten, aber auch mit Bioland oder Naturland oder Demeter. Das Schöne ist, wenn man etwas findet, was uns alle verbindet, dann gibt es Energie, dann wird daraus wirklich die 1 plus 1 gibt 3- Geschichte. Das ist es auch, was der Bio-Konsument erwartet: Wenn wir die Welt besser machen, dann müssen wir das zusammen machen. Es geht nicht nur um ein Einzelunternehmen. Wir müssen das gemeinsam als Freunde mit allen zusammen tun. Das ist so wichtig, dass wir diese Zusammenarbeit suchen. Wenn wir ein Auto verkaufen, arbeiten wir nur mit unseren Kunden und mit unseren Herstellern. Dazu brauchen wir keine IFOAM (Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen), Demeter oder eine andere Organisation. Wenn es um eine Boden-Kampagne geht oder unsere frühere Kampagne „Bienen lieben Bio“, dann ist es wichtig, die Zusammenarbeit zu suchen.

Boden-Kampagne – Deutsche noch zurückhaltend


Was tun Sie innerhalb Ihres Unternehmens, um die Mitwelt zu schützen?

Wir sind ja mit Biolandwirtschaft beschäftigt, das hilft der Mitwelt, denke ich. Wenn wir auf unseren eigenen Betrieb schauen, kann man sagen: Wir haben sehr viele elektrische Autos, ich selbst fahre auch eines. Wir versuchen, mit der Energie selbstverständlich so sparsam wie möglich umzugehen, und wir investieren auch in die Leute, die bei uns arbeiten. Wir investieren, dass unsere Leute die Idee dahinter verstehen. Es gibt bei uns nicht nur Schulungen zu Excel oder Word, sondern auch Schulungen mit Leuten, die bei uns über andere Aspekte der Nachhaltigkeit sprechen: etwa Mitarbeiter von Banken oder vom World Wildlife Fund. Wir haben fast jede Woche einen Referenten im Hause, und dann gibt es immer ein Lunchmeeting: Während wir essen, erzählt jemand über solche speziellen Themen, das ist sehr interessant und sehr schön.

Engagieren Sie sich auch in den sozialen Medien, zum Beispiel auf Facebook oder Twitter?

Ja, wir sehen in Facebook ein unglaublich wichtiges Medium, um zu kommunizieren. Allerdings ist es in Deutschland etwas schwieriger als in anderen Ländern. Wir sehen, dass der deutsche Facebook-Konsument etwas zurückhaltender ist, wenn es um Firmen geht. Facebook-Follower zu sein, das ist etwas sehr Persönliches, aber wir versuchen da mehr und mehr zu machen. Social Media sind sehr wichtig. Und jetzt bei dieser Save-our-Soils-Kampagne zum Beispiel arbeiten wir mit einem Rapper aus Südafrika zusammen, der einen wunderschönen Rap gemacht hat über „Save our Soils“. Dazu haben wir ein supercooles Video gedreht (http://www.eosta.com/de/content/der-save-our-soils-song) und wir hoffen selbstverständlich, dass das durch Facebook, Twitter und Youtube online geht und dass viele Leute, die noch nie über Böden nachgedacht haben, diesen Film cool finden und dann denken: Okay, was ist das: Save our Soils? – Vielleicht muss ich mir darüber mal Gedanken machen. Insofern ist das ein gutes Beispiel, wie Social Media für uns hoffentlich wahnsinnig gut wirken wird.

Ihr habt auch eigene Facebook-Seiten?

Ja, für Eosta und auch für Save our Soils und Nature & More.

So gewinnen wir Likes auf Facebook


Was tut ihr, um möglichst viele Likes für die Facebook-Seiten zu bekommen?

Das ist verschieden. Man muss immer überraschend bleiben und man darf vor allem nicht nur über sich selbst sprechen. Aber das Schöne ist: Wir arbeiten mit diesen tollen Erzeugern zusammen und wir können über unsere Erzeuger berichten. Wir arbeiten mit einer Top-Küchenchefin, die schöne Rezepte für uns macht. Wir stellen Fotos her von Produkten, die man eigentlich nicht kennt, und fragen die Leute: Wisst ihr, was das ist? Was kann man damit tun? Und so kriegen wir schon einige Reaktionen. Und wir sehen jetzt vor allem auf der Save-our-Soils-Facebook-Page, dass das sehr schnell geht. Weil sich die Leute mit dem Jahr des Bodens doch beschäftigen und fragen, was da los ist. Und wir sind eine der wenigen Facebook-Seiten, auf denen es um die Böden geht – also, das hilft auch.

Noch eine Frage: Social Media ist ja gegenüber herkömmlicher Werbung und PR doch etwas anderes, man gibt ja die Kontrolle ab. Wie geht ihr damit um?

Naja, für uns ist Transparenz sowieso das Allerwichtigste. Viele unserer Produkte tragen vom Erzeuger eine Marke mit einem Code, mit dessen Hilfe man alles über den Erzeuger herausfinden kann. Die Welt ist heutzutage so transparent, damit kann man pro-aktiv umgehen – oder man kann Angst davor haben. Wir haben uns dafür entschieden, pro-aktiv damit umzugehen, weil wir schöne Storys haben und schöne Erzeugnisse. Nicht alles ist perfekt, aber das ist kein Problem, weil der Konsument auch nicht erwartet, dass alles perfekt ist. Ich bin mit diesen offenen Medien sehr, sehr glücklich und jede positive oder negative Reaktion ist gut, weil man auf diese Weise mit dem Endkonsumenten ins Gespräch kommt. Und für einen Betrieb wie den unsrigen ist es wichtig, zu hören und zu wissen, was sich da abspielt.

Herr Wilde, besten Dank für das Gespräch!

Die Transkription erfolgte durch
D
r. Ursula Ruppert, Deutsches Lektorenro Würzburg  –  http://deutscheslektorenbuero.de

Das Interview wurde geführt von
A
ndreas Sallam, greennet project UG / Freie Kommunikation und nachhaltiger Lebensstil e.V. (frekonale e.V.)
https://greennetproject.org/de

Pizza essen, aber richtig

Sogar beim Pizzaessen kann man voll danebengreifen. Und denkt dabei noch, man täte etwas Gutes. Zu den Marktführern bei Bio-Pizzen gehört die nicht gerade unbekannte Firma Wagner. Mit anderen Worten: Es gibt eine ziemlich große Anzahl von Menschen, die diese Bio-Pizzen kaufen – und damit übelste Marktverhältnisse finanzieren. Wie das sein kann? Ganz einfach: Das einstige Familienunternehmen Wagner war so erfolgreich, dass sich einer der Haie im Teich der Lebensmittelindustrie, Nestlé, für Wagner zu interessieren begann. Und schließlich die Firma 2012 mit Stumpf und Stiel aufkaufte. Wer also heute eine Wagner Biopizza in seinen Einkaufskorb legt, entscheidet sich an der Kasse dafür, Nestlé zu finanzieren. Wer wissen möchte, was an Nestlé so gar nicht stimmt, der kann gerne bei Wikipedia nachlesen.

Weil ich aber auch gerne etwas Positives zu diesem Thema beitragen will, möchte ich an dieser Stelle die Pizzen von followfish empfehlen. Die habe ich gestern auf der BioFach in Nürnberg probiert und musste feststellen: Hätte ich’s nicht besser gewusst, dann hätte ich auf einen edlen Italiener getippt. Könnte im Restaurant nicht besser munden. Andere korrekte Anbieter sind zum Beispiel Biopolar oder Natural Cool. Wie die allerdings schmecken, kann ich nicht sagen. Probieren lohnt sich bestimmt.

Hier findest Du mehr Informationen zum Thema Bio-Pizza.