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Veganer Wein, eine runde Sache

Tendenziell ist Wein ja vegetarisch, doch vegan ist er meistens nicht.

(efp).- Veganer Wein trägt zu weniger Tierleid bei – klar. Nur: „Wein wird doch aus Trauben gemacht, etwas Veganeres gibt’s doch gar nicht!“ Wer so denkt, verwechselt Wein mit trübem Traubensaft. Wein ist aber das Ergebnis von Kellereitechnik; und die greift seit eh und je auf alle Hilfsmittel zu, um einen gefälligen Geschmack zu erzeugen, solange diese billig und legal sind.

Veganer Wein kontra Schweineschwarte

Gegen aromatische Unsauberkeiten wie Böckser wird Wein beispielsweise mit winzigen Mengen Silber oder Kupfer versetzt, oder gegen Essigstich mit Ionenaustauschern. Vor allem aber wird Wein geschönt, damit er leuchtend, transparent, fehlerfrei und mit mäßigem Gerbstoffgehalt im Glas steht. Genutzt werden dafür oft Dinge, an die der Weintrinker ungern denkt: Knochenkohle, getrocknete Fischblasen, Gelatine aus Schweineschwarten sowie Rinderknochen, -knorpeln und -sehnen, Lysozym und Kasein aus Milch oder Albumin aus Eiern oder Molke. Sie alle müssen nicht sein, es gibt auch andere, kompliziertere (z.B. Kälte und Wärme), nichttierische und vor allem handwerklich ungewohnte Schönungsmittel; denn dass Menschen kein totes Tier in der Produktionskette haben wollen, ist eine neue Erscheinung, der Weinausbau hingegen altes Handwerk.

Fischeiweiß muss nicht deklariert werden

Die Allergie auslösenden Eiweiße Lysozym, Albumin und Casein müssen ab einem Grenzwert von 0,25 mg/l deklariert werden (allerdings nur als kaum verständliches Piktogramm). Dagegen müssen Fischgelatine und Hausenblase (die Fischblase) nicht offengelegt werden.

Ganz konsequent vegan ist der Wein freilich nur, wenn auch das Etikett nicht mit Knochenleim aufgepappt wurde.

Wie sehr veganer Wein im Trend liegt, beweist die Tatsache, dass auch Aldi ihn anbietet, sogar in Bio-Qualität. Eine gute Auswahl von veganen Bioweinen findet man auf folgenden Seiten

Übrigens gibt es viele Winzer, die aus Qualitätsgründen ihren Wein vegan herstellen, ohne dies auszuzeichnen. Ein einheitliches Logo dafür gibt es nicht.

Quellen: bioPress Nr.89; Brockhaus Wein; deutscheweine.de; vebu.de; vegane-inspiration.com; wein.com; weinbilly.de; youwine.desowie die genannten Anbieter.

Foodwatch hat Recht: Kranke tote Tiere sind kein Zufall

(efp).- Foodwatch prangert auch Bio-Lebensmittel an. Da lachen sich die einen offen ins Fäustchen (und kommen sich dabei schlau vor), und die anderen seufzen: „Oh mein Gott!“ (und fühlen sich als die Betrogenen).

Was ist geschehen?

Foodwatch schockierte die Öffentlichkeit

Am 22. September 2016 schockierte foodwatch die Öffentlichkeit mit der Nachricht „Jedes vierte Tierprodukt stammt von einem kranken Tier“. Man kaufe „Milch von Kühen mit entzündeten Eutern und Eier von Hühnern mit Knochenbrüchen“, nicht wenig davon als „bio“ deklariert. Dass es sich dabei um Schätzungen handelt, sagt foodwatch selbst. Für exakte Zahlen sei die Datenlage zu uneinheitlich. Gerade deshalb wird sich nun die Agrarindustrie auf die Meldung stürzen und an den Daten herumkritteln, um von der eigentlichen Wahrheit abzulenken.

3 Lügen am Stück

Ha, Wahrheit, ein hehrer Begriff, und keiner, den ich gerne in den Mund nehme. Aber hier scheint er mir nötig. Unlängst veröffentlichte der Veterinärmediziner und foodwatch-Kampagnenleiter Matthias Wolfschmidt ein Buch mit dem Titel „Das Schweinesystem“. Man ahnt, was damit gemeint ist: Die industrielle Tierhaltung generell. Sie ist gleich dreifach schlecht: Sie quält die Tiere (deren Qual wir uns dann einverleiben; Beispiel Hühner: regelmäßige Gelenkerkrankungen, Brustbeinschäden, Knochenbrüche, Eileiterentzündungen, Wurmbefall, Fußballenveränderungen), sie treibt kleinere Bauern in den Ruin (und sorgt damit für einen Teufelskreis hin zu einer immer herzloseren Tierhaltung) und betrügt den Verbraucher, indem sie vorspiegelt, man habe tatsächlich noch Reste von Gewissen an Bord und würde „Qualität“ produzieren.

Tiere oder Autoreifen? Egal.

Eine Stufe tiefer betrachtet: Solange unser System – trotz Tierschutzgesetz – Tiere als Sachen behandelt und juristisch weitestgehend gleichstellt mit Autoreifen, Laborgeräten oder Kühlschränken, bleibt die Lebensfeindlichkeit systemimmanent. Ein Landwirt produzieren Kartoffeln, Schweine oder Hühner. Für sie ist es kein Unterschied. Was hinten herauskommen muss, ist Gewinn. Ansonsten kann er seinen Betrieb („Hof“ sagt man schon lange nicht mehr) dichtmachen. Aber: Tiere, die halbwegs artgerecht gehalten werden, sind unrentabel. Nachdem auch Bio-Produkte längst in den Schraubstock der Nachfrage-Angebots-Logik eingespannt sind, unterliegen deren Produzenten – mit ein wenig zeitlicher Verzögerung – letztlich den selben Marktmechanismen.

Was also können wir tun?

Dreierlei fällt mir dazu ein:

  • Auf tierische Produkte verzichten. Ja, stimmt: das heißt im Endeffekt: vegan leben.
  • Wenn man aber doch hin und wieder seiner Fleischeslust nicht widerstehen kann, dann sollte man GENAU wissen, woher das tote Tier kommt und wie es vor seiner Schlachtung leben durfte. Bio allein – schade – genügt nicht mehr.
  • Foodwatch unterstützen

Und ganz generell: Alle die Firmen unterstützen, die weltfreundliche Alternativen zum herkömmlichen Massenmarkt anbieten, die kleinen, die regionalen, die sozialen, die gesunden, die fairen. Öffentlichkeitsarbeit ausschließlich für solche Firmen zu machen, ist Ziel und Zweck von ecoFAIRpr.

Spiritualität ohne Verantwortung?

(efp).- Die Welt geht vor die Hunde. Dem Satz würden mittlerweile eine Menge Menschen zustimmen. Nur: Sie geht MIT UNS vor die Hunde. Genauer: ohne dass wir wirklich viel dagegen unternehmen.

Genugtuung für 1 Euro

Dafür gibt es Gründe, die ein ganzes Buch füllen könnten. Und dieser Blog widmet sich auch diesem Thema von allerlei Seiten. Ein Grund erscheint mir der zu sein, dass das kapitalistische System (und sein scheinbar so freundliches Gesicht: die Konsumgesellschaft) uns unserer Wurzeln beraubt hat. Die Grundprinzipien des Christentums wurden radikal ausgemerzt (oder wer könnte guten Gewissens bei Aldi eine Banane kaufen, wenn er das Prinzip der Nächstenliebe TATSÄCHLICH ernst nähme!) und von philosophischer Seite durch Freiheit und Selbstbestimmung ersetzt. Nur: Wer lebt sie denn? Ansonsten bleibt das banale „Haste was, dann biste was“. Und wer nichts hat, holt sich seine Genugtuung aus dem 1-Euro-Shop.

So viele Menschen, denen ich in meinem Leben begegnet bin, spüren diese verdammte ethische Wurzellosigkeit, diese Beliebigkeit. Und gelegentlich sind mir auch Menschen über den Weg gelaufen, deren Suche bei der AfD und Konsorten geendet hat. Das macht mich eher traurig als wütend.

Tiefe Spiritualität

Um Orientierung zu finden, um ethischen Boden unter den Füßen zu bekommen, wenden wir uns oft spirituellen Themen zu – nicht selten dann aber auch wieder konsumistisch von Workshop zu Workshop pilgernd. Aber immerhin, die Richtung hin zu den seelischen Wurzeln stimmt. Je nach persönlichem Umfeld, Biographie und Sehnsuchtsströmungen landet die eine oder andere bei einem Guru, verwechselt Asanas mit Yoga, lässt channeln oder tut’s gar selbst. Noch einmal: die Richtung stimmt. Nur gälte es jetzt weiterzugehen, weiterzuforschen, tiefer zu spüren, eventuell bis zur Quelle, aus der alles Leben steigt. Dann aber gibt es kein Zurück mehr, keine Furcht vor Verantwortung. Tiefe Spiritualität und Verantwortung für die Welt lassen sich meines Erachtens nicht trennen. Die Konsequenz ist dann deep ecology: Tiefenökologie.

Esoterische versus politische Spiritualität

Eine etwas mildere Sicht der Dinge erlaubt der Ökumenischen Ratschlag „Nachhaltigkeit und Spiritualität“. In seinem Protokoll vom 30.4.2016 findet sich diese Differenzierung:

Das kapitalistische Mantra „Immer mehr !“, also mehr Wachstum, höhere Renditen, klingt hohl; es reißt hierzulande so gut wie niemand mehr vom Hocker, sondern wirkt bedrohlich. Viele Menschen ziehen sich ins Private zurück und pflegen da ihr individuelles

Wohlergehen. Viele versprechen sich von einer esoterischen Spiritualität einen Sinn

im Leben. Sie setzen auf innere Werte und entdecken für sich die Wahrheiten, die in alten Mythen verborgen sind. Das ist eine Spielart von Spiritualität, die sehr häufig die Mitwelt ihrem Schicksal überlässt und eben keine Verantwortung für das Gemeinwesen und das Gemeinwohl über nimmt.

Wir müssen also unterscheiden zwischen einer individualistischen, meist esoterisch geprägten Spiritualität und einer gemeinschaftsbezogenen, also politischen Spiritualität. Sie muss sich mit dem, was die Gemeinschaft zusammenhält, also auch mit Grundwerten und Leitbildern auseinander setzen. Ein wesentliches Merkmal der politischen Spiritualität ist die Übernahme von Verantwortung. Damit hat sie eine starke ethische Komponente. Sie bleibt nicht im Beobachten und Analysieren stecken; sie wird praktisch im Einsatz vor allem für die Benachteiligten in der Gesellschaft. In neueren Papieren und Erklärungen aus der Ökumene wird diese gemeinschaftsbezogene Spiritualität “transformative Spiritualität“ genannt. (Oekumenischer Ratschlag, 30.04.2016 – Frankfurt am Main – Haus am Dom, „Nachhaltigkeit und Spiritualität“, Protokoll)

Zwei Fragen

So bleibt letztlich eine Meditation darüber: Geht das – Verantwortung ohne Spiritualität?

Aber auch: Welchen Wert hat Spiritualität ohne Verantwortung?

SOL – Menschen für Solidarität, Ökologie und Lebensstil

(efp).- Die Spatzen pfeifen es inzwischen von den Dächern: Unser Lebensstil, unsere Entscheidungen, wo und was wir kaufen an Produkten und Dienstleistungen, wird letzten Endes über die Zukunft eines bewohnbaren Planeten Erde entscheiden. Eine wichtige Rolle in diesem Bewusstwerdungs-Prozess spielt die 1979 gegründete österreichische Initiative „SOL – Menschen für Solidarität, Ökologie und Lebensstil“. Wer sie noch nicht kennt: Der Klick auf ihre Homepage (http://www.nachhaltig.at) lohnt sich allemal für alle, die diesen Weg ein Stück mitgehen wollen.

Jetzt ist das SOL-Magazin Herbst 2015 erschienen – lesenswert wie immer. Herunterladen kann man es sich HIER.

Die Prinzipien von SOL in Kürze:

Solidarität: Alle Menschen auf der Welt haben ein Recht auf ein Leben in Würde und Frieden, auf ausreichende Ernährung und Bildung.
Ökologie: Auch künftige Generationen sollen eine Umwelt vorfinden, die ein Leben in Fülle und Schönheit ermöglicht.
Lebensstil: Deshalb müssen wir die politisch Verantwortlichen zum Umdenken bringen – und zugleich unseren eigenen Lebensstil verändern.

Solidarische und ökologische Lebensstile können lustvoll sein; nachhaltig leben bedeutet mehr Genuss mit kleinerem ökologischen Fußabdruck.

SOL bietet auch den einjährigen Lehrgang „Ich habe genug!“ als Fernkurs an (Kursbeitrag freiwillig nach persönlicher Einschätzung). Ziel ist dabei ein ganzheitliches Verstehen und Empfinden von Zusammenhängen oder, wie sie gerne sagen: „Wissen, das zum Handeln führt.“ Wer zumindest an 7 von 12 Lektionen aktiv teilnimmt, erhält ein Zertifikat von SOL. Den Lehrgang findet Ihr HIER.

Gummibärchen, Killerbärchen

Auf Facebook schrieb Vigor Calma: „Ein Geniestreich unmenschlicher Perversion dürfte wohl sein, Kadaver in ,Weingummis‘ zu verwandeln. Zum Weinen ist das allemal. Erklär mal deinen Kindern, warum Haribo und Co auf jeden Fall keine Tiere froh machen, und dass die lustigen, bunten Süßigkeiten bemaltes, gezuckertes Leid sind …“ Eine gute Idee. Vielleicht sollte man seinen Kindern aber auch sagen, dass es sinnvolle Alternativen gibt. Die wurden zum Beispiel auf utopia.de unter dem Titel „Vegane Bio-Gummibärchen“ gepostet. Ich mag die nämlich auch, lass aber tunlichst meine Finger von den Tierleid-Gummibärchen!

Foto: http://animalplace.org/

GLS Bank: Von Demeteräpfeln zu internationalem Investment

Interview mit Christof Lützel, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei der GLS Bank

(efp). Die GLS Bank ist ein internationales Phänomen. Motto: „Geld ist für die Menschen da.“ Bekenntnis: „Als Pionier sozial-ökologischer Bankarbeit investieren wir das bei uns angelegte Geld sinnstiftend und transparent.“

In unserem Interview auf der BioFach 2015 erzählte uns Christof Lützel, der seit über 15 Jahren Pressesprecher und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der GLS Bank ist, aus dem Nähkästchen. Das ist persönlich und politisch zugleich. Seine offene Art und die Lockerheit seiner Textfreigabe stehen für die angstfreie Atmosphäre der Bank. Themen sind zum Beispiel:

  • Wie kommt jemand ausgerechnet an so einen Job?
  • Welche Philosophie hat die GLS Bank?
  • Wie steht sie zu TTIP?
  • Und wie zum problematischen Thema „Wachstum“?
  • Was ist von ethischen Investments herkömmlicher Banken zu halten?

GLS_Logo-ClaimDer Name der Genossenschaftsbank steht für „„Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken“. Beispiel für die Ungewöhnlichkeit des Konzepts: Bei der Kontoeröffnung können die Kunden bestimmen, wo ihr Geld angelegt werden soll. Das gefällt den Menschen: Die Zahl der Kunden ist von 47.500 im Jahr 2005 auf inzwischen rund 190.000 angewachsen. Und auch das gefällt (nicht nur uns): „Wir finanzieren keine Unternehmen, die mit Atomenergie, Bioziden, chlororganischen Massenproduktionen, Verletzung von Arbeits- und Menschenrechten, Embryonenforschung, grüner Gentechnik, Kinderarbeit, kontroversen Wirtschaftspraktiken, Pornografie, der Produktion hochprozentiger alkoholischer Getränke, Rüstung, Tabakproduktion oder Tierversuchen zu tun haben.“

Hier geht’s zum Interview.

Hilfe für Menschen in Not

Ich kenne einen Deutschen, der hatte eine ausgezeichnete Fachausbildung, wollte aber in Erlangen bleiben. Weil da seine Freunde waren, weil er da wohnen konnte, weil da seine Frau war und seine Kinder. Weil dort seine Heimat war. Lieber nahm er Teilarbeitslosigkeit in Kauf.

Menschen lassen sich ohne Not nur ungern verpflanzen. Flüchtlinge, die aus weiter Ferne zu uns gekommen sind, kamen – so gut wie immer – aus Not. Doch was tun, wenn sie illegal hier sind? Dann erschrecken sie vor jedem Polizisten, versuchen unsichtbar zu bleiben, unhörbar, unauffällig. Und wenn sie verunglücken, krank werden oder schwanger? Dann geht es ihnen wie früher: Entweder sie schaffen es alleine oder sie haben eben „Pech“ gehabt. Das Elend ist programmiert, eine humanitäre Katastrophe mitten in Deutschland.

Besondere Ärzte, die ihre mitmenschliche Verantwortung nicht an eine behördliche Aufenthaltserlaubnis koppeln, haben Hilfszentren gegründet, die solchen Menschen in Not beistehen. Als Name hat sich der Begriff „Medinetz“ eingebürgert. Medinetze gibt es inzwischen an über 30 Standorten. Und das ist auch notwendig, denn nach Angaben ihres koordinierenden Büros haben Hunderttausende von MigrantInnen und Flüchtlingen und selbst viele EU-Staatsbürger keinen Zugang zum deutschen Gesundheitswesen.

Wer sein Herz am rechten Fleck hat, sollte deshalb die Internetadresse www.medibueros.org neben seine Notruftelefonnummer kleben. Die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen der Medibüros vermitteln die PatientInnen ohne Papiere anonym an Ärzte, PsychotherapeutInnen, Hebammen und PhysiotherapeutInnen – in seltenen Fällen auch an Kliniken.

Foto: pixabay_taniaVdB

Der „Äppl“ zeigt faulige Stellen

2 Euro von 500 Euro bekommen die Arbeiter

Die Gefahr, dass dieser Blogbeitrag Apple-Fans verärgert, ist groß. Sei’s drum. Auch in meinem Bekanntenkreis gibt es genug davon. Ich könnte natürlich ein wenig darüber spekulieren, welche seelischen Mechanismen aus einem unabhängigen Menschen einen Fan machen. Aber das wäre wohl unfair und dürfte bei jedem etwas anders aussehen. Bleiben wir also bei den Fakten.

Ist es schlimm, ein Apple-Fan zu sein?

Es gibt Apple-Fans. Nicht drei, vier, sondern drei, vier Millionen. Minimum. Menschen campieren vor den Apple-Filialen, um zu den ersten zu gehören, die das jeweils nächste Iphone ergattern. Sobald das Iphone Nr. 6 bestellt werden konnte, liefen innerhalb von 24 Stunden über vier Millionen Vorbestellungen ein.

„Na und?“ werden Sie jetzt vielleicht fragen. „Es gibt doch Fans auf allen Gebieten, was ist da so schlimm dran?“ Korrekt, es fängt mit Girlie-Magazinen an und hört bei Apple auf. Man kann Fußballfan sein und anderen eins „über die Rübe“ ziehen, man kann sich als Techno-Fan über die „Hip-Hoppser“ lustig machen oder als Fan der Berliner Philharmoniker das Niveau des Philharmonischen Orchesters Würzburg beschmunzeln. So ist das eben. Was ist also schlimm dran, wenn Iphone-Fans auf die Androiden herunterblicken?

Das Ziel: Kohle abgreifen

Eigentlich nichts. Man könnte das – bei Starbucks überteuerten Kultkaffee schlürfend – unter „Menschliches, allzu Menschliches“ abhaken. Wenn da nicht der Applekult des Hochwertigen und Besonderen wäre, wenn da nicht das „Glaubenssystem“ Apple wäre. Wenn da nicht in mir der Verdacht keimte, alle Credibility-Maßnahmen von Apple wie etwa der Beitritt zur Fair Labor Association seien reine Marketingtricks mit nur einem einzigen Ziel: noch mehr Kohle abgreifen.

Apple und/oder KiK

Tatsache ist, dass Apple allein zwischen Anfang Oktober und Ende Dezember 2014 einen Nettogewinn von 18 Milliarden Dollar meldete, vermutlich mehr als jedes andere Unternehmen weltweit. Im Zusammenhang damit steht, dass von den 700 € für die Basisversion des Iphone 6 der Arbeiter in der chinesischen Fabrik gerade mal zwei Euro abbekommt, vielleicht auch 2,50. Laut Good Electronics erhalten Smartphone-Arbeiter rund 350 Euro im Monat. Das ist ungefähr die Hälfe dessen, was man derzeit in China braucht, um eine Familie zu ernähren. Zusammenfassend liegt Apple also auf einer ähnlichen Ebene wie KiK-Textilien – mit einem Unterschied: KiK behauptet keine Qualität, die seine Ware nicht hat. Wie ungeschickt. Deshalb fährt KiK auch keine Apple-Gewinne ein.

Ein Leser der Badischen Nachrichten hat es gut zusammengefasst: „Apple verkauft billigen Schrott zu Mondpreisen, und die Kunden greifen zu, weil es Apple gelungen ist, den angebissenen Apfel als hipp und begehrenswert zu platzieren. Richtige Luxusprodukte verfügen auch über ein wertvolles Produkt, das teuer hergestellt werden muss, und mit dem Fachkräfte gutes Geld verdienen.“

Foto: pixabay_nemo

99 % Reichtum für 1 % der Weltbevölkerung

Schon 2016 werden 99 % des Weltvermögens nur 1 % der Weltbevölkerung gehören. Zu beneiden sind die Superreichen nicht, jedenfalls nicht bei einer genaueren Betrachtung.

Ich muss gestehen: Auch mir ist der Neidreflex nicht fremd. Einfach nix tun, mich zurücklehnen und nächsten Monat eine Mille mehr auf dem Konto haben – „des waar scho wos!“ [hdt. Das wäre schon etwas], wie der Bayer sagt. Aber dem folgt ein zweiter Reflex auf den Fersen: auf wessen Kosten?

Regen oder Traufe?

Denn Zins und Zinseszins entstehen ja nicht im luftleeren Wirtschaftsraum. Entweder müssen sie von jemandem erarbeitet werden (also Menschen wie uns, die Kredite aufnehmen zu Zinsen, an denen wenige andere verdienen, oder Lohnsklaven [sorry, aber das kann man nicht anders nennen], die anderswo Wertvolles für einen Hungerlohn erwirtschaften) – und das ist vielleicht noch die bessere Variante. Oder sie entstehen als Geldblase im Weltfinanzsystem. Daran verdienen dann nur noch Großinvestoren und Banken, bis die Blase mal wieder platzt und wir alle Milliarden blechen müssen, damit das ganze System nicht kollabiert.

50 % Zinsen oder 1,3 %?

Wie auch immer: Letztes Jahr besaß das reichste 1 Prozent der Weltbevölkerung nur 48 Prozent des weltweiten Gesamtvermögens, nächstes Jahr werden sich die 48 Prozent in 99 Prozent verwandelt haben. Das nennt man exponentielles Wachstum. Nur zum Vergleich: Unsereinem bieten die großzügigsten Geldinstitute zurzeit 1,3 % Zinsen an.

Aber zurück zu den 1 Prozent. Konkret heißt das zum Beispiel, dass momentan die 85 reichsten Menschen so viel besitzen wie 3,5 Milliarden ihrer Mitmenschen (= die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung) zusammen.

Die Welt: Objekt der großen Begierde

Was heißt das? In seinem Klassiker „Haben oder Sein“ schrieb Erich Fromm: „In der Existenzweise des Habens ist die Beziehung zur Welt die des Besitzergreifens und Besitzens, eine Beziehung, in der ich jedermann und alles, mich selbst eingeschlossen, zu meinem Besitz machen will.“ Das aber bedeutet: Alles wird zum benutzbaren Objekt. Würde und Wertschätzung von Mitmenschen, Mitkreatur und Mitwelt sind aus so einer Haltung heraus unmöglich, Respekt wird zu Gier. Und noch viel schlimmer: Auch der Respekt vor sich selbst speist sich nur aus dem Haben. Erst durch ein Mehr werde ich ein Wer.

Spätestens an diesem Punkt verliert sich der Leidreflex und mündet in Trauer. Aber auch in Zorn: So darf das nicht sein. Die Erde ist kein Objekt, sondern unser gemeinsamer Planet. Und der muss bewohnbar bleiben.

Wer den Oxfambericht zur Verteilung des Reichtums im Detail nachlesen will, findet ihn unter http://www.oxfam.de/publikationen/working-for-the-few

Foto: pixabay_Stevebidmead

Lassen wir die Metzger sterben?

Für viele Menschen in meiner Umgebung ist es eine gute Nachricht (zugegeben, auch für mich selbst): Der Fleischkonsum sinkt bedrohlich; bedrohlich fürs Fleischerhandwerk, bedrohlich für die Schlachthöfe (was für ein Euphemismus!) und ihre Kopfschlächter, bedrohlich für die Bauern und industriellen Tierproduzenten; nachteilig für die kommunalen Einnahmen. Nicht bedrohlich, sondern vielmehr gut ist der Trend aus zweierlei Gründen:

  • Fleischarme Ernährung ist vermutlich für den Menschen gesund.
  • Fleischlose Ernährung ist mit Sicherheit für die Tiere gesund.

Was sind wir doch für eine seltsame Tierart! Zumindest den Vegetariern und Veganern liegt das Wohl der eigenen Art weniger am Herzen als das Wohl von Rindern, Schweinen, Schafen, Hühnern und Wachteln. Kein Schwein käme auf die Idee, über das Wohl der Ziegen nachzudenken. Wenn wir also böswillig an den Metzgereien vorüber- statt hineingehen, wenn wir schadenfroh durchs Schaufenster die leeren Plätze vor den vollen Wursttheken bewundern, dann sind uns das tägliche Überleben des Metzgers, seiner Familie und Belegschaft, seine Ratenzahlungen für seinen Mercedes, seinen neuen Lieferwagen und seine Villa auf Mallorca ganz einfach Wurst.

pigs (Foto Pixabay_skeeze)Sind wir dann eigentlich noch gute Menschen? Ein moralisches Dilem- ma. Zumindest an der goldigen Metzgersenke- lin sollten wir Anteil nehmen. Sie hat eben das Krabbeln gelernt, wird von der ange- grünten Metzgerstochter noch gestillt, kennt noch nicht den Unterschied zwischen Erwachsenen- und Kinderwurst (http://www.stupidedia.org/stupi/Kinderwurst) und ist das reine Entzücken der alten Fleischerin.

Es könnte sich also durchaus die Frage stellen: Sollten wir nicht doch gelegentlich Fleisch oder Wurst kaufen, damit die Metzgerfamilien ein Auskommen haben? Darüber könnte man nachdenken, wenn ein Ruck durchs Land ginge und wir plötzlich alle keine Fleischprodukte mehr kauften. Aber so ist es ja nicht. Wir schleichen das Fleisch sozusagen aus. Es gibt also ein natürliches Fleischersterben, das ohnehin mehr durch einen lernunwilligen Nachwuchs (jede vierte Lehrstelle bleibt unbesetzt) als durch den kaufunwilligen Verbraucher vorangetrieben wird. In Würzburg gibt es nach wie vor unbegreifliche Warteschlangen vor dem Bratwurststand am unteren Markt. Außerdem: Was ist denn „Wurst kaufen den Metzgern zuliebe“ für ein Argument? Sollten wir nur deswegen Waffen kaufen, damit die Waffenfabrikanten überleben?

Anmerkung zum Schluss: Würden die Deutschen die Fleischer Fleischhauer nennen, so wie die Österreicher, würden wir vermutlich noch weniger Fleisch kaufen. Für mich jedenfalls vermitteln diese drei Begriffe eine sich steigernde Brutalität: Fleischer – Metzger – Fleischhauer.

Fotos:
Fleischwolf: pixabay/PublicDomainPictures
Muttersau: Pixabay/skeeze