Anbauverband Biokreis – wer oder was ist das?

Viele Menschen glauben, mit dem Kauf eines Bioproduktes schon gut gehandelt zu haben. Natürlich ist Bio, auch EU-Bio, besser als konventionell. Trotzdem stellt sich zunehmend die Frage, wo denn die Unterschiede liegen. Der „Biokreis“ gehört zu den kleineren, weniger bekannten Öko-Anbauverbänden. Immerhin gibt es ihn seit 1979, er gehört also zum Bio-Urgestein. Im folgenden BioFach-Interview mit Heidi Kelbetz (zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Biokreis e.V.) geht es unter anderem darum, wie der Bio-Gedanke gehalten werden kann, und damit letztlich auch darum, welchen Gefahren er ausgesetzt ist.

ecoFAIRpr: Der Biokreis – wer oder was ist das?

BiokreisDer Biokreis ist ein eingetragener Verein, ein ökologischer Bauernverband. Wir sind ein Verein von ökologisch arbeitenden Landwirten, die wir mit ebenfalls ökologisch arbeitenden Verarbeiterbetrieben, Händlern oder Gastronomen verbinden, und so bauen wir unsere Bio-Netzwerke auf.

ecoFAIRpr: Ist der Verband regional oder deutschlandweit tätig?

Beides: Wir sind regional, weil uns das regionale Arbeiten sehr am Herzen liegt, aber wir sind auch bundesweit aufgestellt. Man kann bei uns auch Mitglied werden, wenn man nicht aus Bayern kommt. Sitz des Vereins ist Passau, wir haben aber weitere Geschäftsstellen in Hessen und in Nordrhein-Westfalen. Das sind eigene Erzeugerringe, die jeweils ihre Mitglieder haben, und wir haben sogar einen Bio-Bäcker aus Hamburg als Mitglied oder auch einen Putenbetrieb aus Mecklenburg-Vorpommern.

ecoFAIRpr: Jetzt sind wir hier gerade auf der BioFach [Weltleitmesse für Biolebensmittel], und Sie sind zum 5. oder 6. Mal hier. Können Sie uns Ihren Eindruck von der Entwicklung, vom Erleben der Messe schildern und auch von Ihrer Vereinsarbeit berichten? Ich denke, die Entwicklung der Messe und die Entwicklung der Vereinsarbeit haben sich in den letzten Jahren ähnlich verändert. Ich würde vermuten, das läuft parallel – oder nicht?

Nicht so ganz, denn auf der BioFach findet doch auch das „hochglanzpolierte“ Bio statt, das nicht unbedingt unsere Baustelle ist. Wir sehen uns ganz stark als die Bäuerlichen, die Regionalen, die Fairen – ich will jetzt niemandem unterstellen, dass er nicht fair wäre. Aber wir versuchen, uns wieder mehr an den ursprünglichen Bio-Gedanken zu erinnern, also daran, dass auch die krummen Gurken gegessen werden, dass sich Karotten mit Erde dran im Kühlschrank länger halten und man sie deswegen gar nicht so lange lagern muss, usw. Also diesen ursprünglichen Gedanken: Man nehme ein Huhn und verwerte es als Ganzes und nehme nicht nur die Brust und züchte entsprechende Rassen … Wir versuchen uns recht stark wieder darauf zu besinnen und daran zu orientieren. Und im Gegensatz dazu geht die BioFach doch immer stärker Richtung – ja, mir fällt kein besseres Wort ein – hochglanzpoliertes Bio.

ecoFAIRpr: Ein interessantes Statement. Denn ein Thema, um das es uns geht in unserer Öffentlichkeitsarbeit, ist: Bio geht hoch, geht möglicherweise gleichzeitig der Bio-Gedanke runter? Vielleicht sieht ja in 15 Jahren die Firma Wohlfahrt so aus wie die Firma Aldi, und man sagt sich: Was ist daraus geworden? Man arbeitet mit ähnlichen Methoden, versucht andere vom Markt zu drängen und, und, und … Sehen Sie die Gefahr, dass durch den Boom der Biobranche der alte Bio-Gedanke verloren geht?

Was mir dazu einfällt, ist das Thema: Woher kommt die Rohware? Wir sehen hier auf der BioFach sehr viele Unternehmen, die auch sehr international arbeiten, und das will ich auch gar nicht in Abrede stellen … Aber wir haben nun einmal das Ziel – erklärt sogar von der bayerischen Staatsregierung –, auch in Deutschland mehr Ökolandbau zu haben und alle Vorteile, die der Ökolandbau mit sich bringt, in Deutschland nutzen oder erleben zu können bzw. für uns und unsere Umwelt in Anspruch zu nehmen. Und das funktioniert eben nicht, wenn die Bioware, die zum Glück immer noch bio ist, teilweise ganz großräumig international bezogen wird.

ecoFAIRpr: Richtig, man kann auch die Kartoffeln aus Ägypten importieren statt aus der Oberpfalz!

Ganzjährige Verfügbarkeit etwa steht dem eigentlichen Bio-Gedanken entgegen. Das heißt, wer ganzjährig Tomaten essen will, kann sich nicht ganzjährig ökologisch ernähren. Das funktioniert nicht, weil die Tomaten, die aus Spanien kommen – so sehr sie bio sind –, einen sehr großen ökologischen Fußabdruck hinterlassen.

ecoFAIRpr: Wie sieht das für euren Anbauverband aus: Könnt ihr euch von dem Immer-mehr-Wachstum-Gedanken, der ja ein typischer alter Marktgedanke ist, lossagen oder inwiefern seid ihr gezwungen, doch mitzuschwimmen?

Biokreis_Logo_regional_und_fair_2007Ich denke, Marktwachstum ist etwas Grundlegendes für jede Form von Organisation oder Unternehmung. Stillstand funktioniert in den seltensten Fällen. Manchmal kann man sich auch gesund schrumpfen, aber dann wird auch wieder eine gewisse Form von Wachstum einsetzen. Wir wollen auch wachsen, weil wir sagen: Unsere Idee ist gut und so, wie wir Ökolandbau verstehen und vernetzen und fördern, hätten wir gerne, dass er sich ausbreitet. Insofern wollen wir auch wachsen, indem wir an Mitgliedern wachsen – sowohl im landwirtschaftlichen als auch im verarbeitenden Bereich. Bei wachsen und Landwirtschaft fällt einem sofort ein: wachsen oder weichen – das ist der Trend, dem wir gerne etwas entgegensetzen wollen. Dieser Trend ist ja noch längst nicht gestoppt, nur weil das politisch nicht mehr so gewollt ist wie vor 30 Jahren. Damals war das ganz klar der Weg: wachsen oder weichen. Aber wir sehen uns eben als bäuerlicher Verband und glauben, dass das auch eine sehr wichtige Position ist. Bäuerlich ist gar nicht so leicht zu definieren, wir haben in etwa folgende Definition für uns gefunden: Wir wollen die kleinen Höfe, denen es nicht in erster Linie um mehr und ums Wachsen geht, fördern, ihnen unter die Arme greifen und sie so gut vernetzen, dass sie nicht nur überleben, sondern dass sie eine Zukunft haben und diesem Wachsen oder Weichen entrinnen können.

ecoFAIRpr: Das ist ein wunderbarer Gedanke. Es bedeutet im Grunde genommen, dass ihr der Monopolisierung, die der klassische Markt typischerweise mit sich bringt, einen anderen Gedanken entgegensetzt.

Ja, uns ist es eigentlich in allen Bereichen lieber, wenn es Vielfalt und viele Kleine gibt, und da spielt wieder das Regionale hinein. Wenn man sich auf seine Region begrenzt – nicht aus Zwang, sondern aus dem idealistischen Gedanken heraus, dass es möglich sein muss, ein Brot zu essen, dessen Inhaltsstoffe mindestens zu 95 Prozent aus der näheren Umgebung kommen –, dann können viele kleine Bäcker nebeneinander wunderbar davon leben. Und dann ist es nicht notwendig, einen Betrieb so lange aufzupumpen, bis er den Gesetzen von ständiger Verfügbarkeit etc. etc. genügt, weil das Produkt nicht mehr individuell ist und weil es auch gar nicht mehr individuell verkauft werden kann. Diese ganzen Mechanismen, die greifen, wenn ein Betrieb sehr stark wächst – die müssen nicht unbedingt sein.

ecoFAIRpr: Wie sieht es denn mit anderen Anbauverbänden aus? Sie befinden sich ja zwangsläufig im Wettbewerb mit anderen Anbauverbänden. Ein Verband ist nach dem, was Sie gerade gesagt haben, auf der einen Seite ein ideelles Werkzeug, auf der anderen Seite muss der Verband aber natürlich selbst leben, auch wirtschaftlich überleben können, und dazu braucht er immer mehr Mitglieder.

Wir glauben, dass es wie in allen Bereichen ist: Konkurrenz belebt das Geschäft! Wir meinen, dass es für die Entwicklung der ganzen Ökobranche und auch für die Entwicklung der Ökolandwirtschaft sehr gut und wichtig ist, dass es mehrere Akteure gibt. Für uns wäre es eine nicht sehr angenehme Vorstellung, es wie in Österreich zu machen und das Ganze unter einen Hut zu packen … Klar ist da auch eine gewisse Konkurrenz, aber die Potenziale des Ökolandbaus sind viel größer, als sie bisher gelebt oder genutzt werden, und es ist nicht so, dass, weil der eine wächst, für den anderen nichts mehr übrig bleibt.

ecoFAIRpr: Aber momentan stagniert doch die Zahl der sich neu auf den Markt begebenden Biobauern eher. Sehe ich das richtig?

Ja, dazu fällt mir die vorherige Frage wieder ein: wie die BioFach sich entwickelt mit diesem starken Boom und dem ständig zweistelligen Wachstum am Biolebensmittelmarkt. Wir als Anbauverband haben ganz andere Jahre hinter uns: In den letzten zwei Jahren gab es – egal, ob das Bioland, Biokreis oder Naturland war –, an Fläche wie an Betrieben nur einen minimalen bis fast gar keinen Zuwachs. Wir haben aber die große Hoffnung, dass es sich in diesem Jahr ändert, denn wir haben jetzt viel bessere Förderbedingungen – in Bayern wird sogar die höchstmögliche Förderung pro Hektar gezahlt sowohl für die Umstellung auf als auch für die Beibehaltung von Ökolandbau. Und die konventionellen Preise gehen zum Glück wieder runter. Das war ja auch ein großes Problem, die hohen Preise im konventionellen Bereich. Was wir noch nicht gelöst haben, ist das Problem der Pachtpreise durch Biogasanlagen, durch die ganzen erneuerbaren Energien, aber es gibt momentan gute Bedingungen fürs Umstellen auf Ökolandbau und es gibt einige Landwirte, die in diesem Jahr auf den Zug aufspringen.

ecoFAIRpr: Frau Kelbertz, herzlichen Dank für das Gespräch!

 

 

 

Gummibärchen, Killerbärchen

Auf Facebook schrieb Vigor Calma: „Ein Geniestreich unmenschlicher Perversion dürfte wohl sein, Kadaver in ,Weingummis‘ zu verwandeln. Zum Weinen ist das allemal. Erklär mal deinen Kindern, warum Haribo und Co auf jeden Fall keine Tiere froh machen, und dass die lustigen, bunten Süßigkeiten bemaltes, gezuckertes Leid sind …“ Eine gute Idee. Vielleicht sollte man seinen Kindern aber auch sagen, dass es sinnvolle Alternativen gibt. Die wurden zum Beispiel auf utopia.de unter dem Titel „Vegane Bio-Gummibärchen“ gepostet. Ich mag die nämlich auch, lass aber tunlichst meine Finger von den Tierleid-Gummibärchen!

Foto: http://animalplace.org/

Palmöl hui, Palmöl pfui

Palmöl wird uns häufig unbemerkt untergejubelt. Aber wir können uns dagegen wehren.

(efp).- Palmöl, das hat sich rumgesprochen, bedeutet vor allem: Rodung von Regenwald. Ethisch und ökologisch gesehen ist Palmöl also meistens pfui. Aber wer isst schon Palmöl? Pur tun das nur wenige, in Schokoaufstrichen und Schokoriegeln, in Speiseeis, Keksen, Tiefkühlpizzen und Fertigsuppen aber viele. Und in Kosmetika und Waschmitteln ist es auch drin. Aber gibt es nicht auch „Palmöl hui“, solches, das man verzehren kann, ohne gleich ein Stück Umweltzerstörung in die Pfanne zu gießen?

Bio-Palmöl braucht nicht „nachhaltig“ zu sein

Nun könnte man ja vermuten, bei Bio-Palmöl sei das anders. Doch bio ist eben bio; mit fair und nachhaltig hat das nichts zu tun. Man kann ja Ölpalmen ökologisch anbauen, nachdem die Bulldozer erst mal geräumt und die internationalen Holzfirmen kräftig Gewinne eingestrichen haben. Zimperlich geht’s in der Branche nicht zu. Erst vor zwei Wochen wurde der Menschenrechtler und Palmöl-Aktivist Jopi Peranginangin in Jakarta ermordet. Zu diesem Thema schreibt „Rettet den Regenwald“: „Auch die Biobranche setzt voll auf Palmöl. In weit über 400 Bioprodukten der bekannten Hersteller wie Alnatura, Allos, Rapunzel usw. ist Palmöl enthalten. Bei deren Lieferanten, der Daabon-Gruppe in Kolumbien, hat Rettet den Regenwald schwere Unfälle und Leckagen, Wasservergeudung, Umweltverschmutzung, Rodungen und Landvertreibung von Kleinbauern festgestellt. Auch hier dehnen sich die riesigen Ölpalm-Monokulturen auf tausenden Hektar Land aus. Die verdienen nach Ansicht von Rettet den Regenwald auf keinen Fall ‚Bio‘siegel für ‚ökologische‘ Landwirtschaft und ‚Fair Trade‘.“

RSPO-Siegel ist das Palmöl-Feigenblatt

Und zum gern als Feigenblatt verwendeten RSPO-Siegel (Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl) merkt „Rettet den Regenwald“ an: „Ziel des Industrielabels ist es, die Produktion und den Absatz von Palmöl weiter zu steigern … Dabei schließt RSPO nicht einmal die Regenwaldrodung aus … Die meisten der sozialen Aspekte, die durch den RSPO definiert werden, sind allgemeine Grund- und Menschenrechte … Bauern und Indigene [werden] von ihrem Land vertrieben, bedroht und verhaftet, wenn sie sich gegen den Landraub wehren. Die Einhaltung der Kriterien wird nicht ausreichend überprüft, Verstöße kaum geahndet … 256 Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen aus aller Welt haben bereits 2008 RSPO als Etikettenschwindel abgelehnt.“

Niemand muss Palmöl-Produkte kaufen

Sind wir der Palmöl-Mafia also auf Gedeih und Verderb ausgeliefert? Nein. Denn seit 2014 gibt es eine Kennzeichnungspflicht für Palmöl in Lebensmitteln. Allein: Wer nimmt sich wirklich die Zeit, überall das Kleingedruckte zu lesen, dann das Produkt wieder ins Regal zurückzustellen und dafür Ersatz zu suchen? Anders ist das natürlich, wenn wir selbst ohne Fertigprodukte kochen. Aber auch, wenn wir vorproduzierte Lebensmittel verwenden, gibt es einen Ausweg, den man kennen sollte. Auf Umweltblick gibt es umfangreiche Listen von Produkten ohne Palmöl: Lebensmittel, vegane Lebensmittel, Baby- und Kindernahrung, Kosmetika und Reinigungsmittel sowie Unternehmen und Online-Shops, die keine Produkte mit Palmöl verkaufen.

Möchte man bei Kosmetika und Reinigungsmitteln am liebsten bei „seinem Produkt“ bleiben, kann man im „Palmöl-Schnellcheck“ nachschauen, unter welchen Inhaltsstoffen die Firmen ihre Palmölzutaten „versteckt“ haben.