Bio – die verratene Idee

Irgendwann hatte ich mich gefreut, dass Bio in einer EU-Norm Gesetz geworden war. Endlich, dachte ich, hat die Idee ihren europaweiten Durchbruch geschafft. Übersehen hatte ich, dass Gesetze den Geist einer Idee zu Paragraphen verknöchern. Und den ursprünglichen Geist angreifbar, ja missbrauchbar machen. Denn natürlich kann sich alles, das sich an den Buchstaben des Gesetzes hält, auch auf dessen ursprünglichen Geist berufen – ohne ihm auch nur nahe zu sein. Warum also sollte das bei Bio anders sein?!

Ein solcher Effekt ist ja schon schlimm genug, wird uns aber dennoch als „Verbraucherschutz“ verkauft. Doch damit nicht genug. Ist eine Firma groß und clever genug, den Buchstaben des Gesetzes zu entsprechen und zugleich seine Lücken zu nutzen, darf sie uns dennoch mit dem „Bio-Label“ an der Nase herumführen. Wie aber, wenn die Strafen bei Missbrauch nicht effektiv genug sind und nur lässig kontrolliert wird. Dann lohnt sich sogar der Gesetzesbruch. Bio-Eier dürfen zum doppelten Preis verkauft werden. Wer dann nur alle paar Jahre erwischt wird, der zahlt sein Bußgeld vermutlich aus der Portokasse.

In Sachen Eier gilt konsequenterweise: Bio-Eier nur noch Bauern kaufen, die sich von Anbauverbänden wie Bioland, Demeter oder Naturland zusätzlich kontrollieren lassen.

BIOFACH: Interview mit Messe-Chefin Danila Brunner

Die BIOFACH ist die Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel. Mit anderen Worten: Es gibt weltweit keine bedeutendere Messe dieses Themas.
Auf der BioFach2016 hatten wir Danila Brunner zum Interview. Das Gespräch mit ihr ist interessant für alle, die sich für die professionelle Seite der Bio-Bewegung interessieren. Danila Brunner ist seit Juli 2015 Abteilungsleiterin BIOFACH und VIVANESS bei der NürnbergMesse.

Hier einige Auszüge aus dem Interview auf der BIOFACH 2016:

„… Ich erfahre viel Neues und ich kann jetzt in meinem Beruf aktiv einen kleinen Teil dazu beitragen, dass es der (Um-)Welt vielleicht wieder ein Stück besser geht, und wir sie erhalten, wenn wir über Ressourcen reden, nicht nur für die nächste Generation, sondern für noch ganz viele.“

“ … Mit Augenzwinkern formuliert: Man guckt abends nicht auf die Uhr und denkt, wann ist Feierabend, sondern man guckt irgendwann im Sommer aus dem Fenster und denkt: Oh, ist ja dunkel, Moment mal, Sommer … und man ärgert sich nicht, weil die Arbeit so viel Freude macht!“

„… 2015 hat der deutsche Bio-Markt ein zweistelliges Umsatzwachstum im deutschen Handel erzielt auf sage und schreibe jetzt 8,6 Milliarden Euro.“

„… Natürlich gibt es auch in anderen Ländern hochdynamische Bio-Märkte mit ihren jeweiligen nationalen Plattformen. Grundsätzlich begrüßen wir alle Initiativen, die die Bio-Branche international voranbringen.“

„… Leitfunktion entsteht zum Beispiel durch den Mehrwert, den die Branche in BIOFACH und VIVANESS sieht. Der wiederum ergibt sich unter anderem durch den Kongress. Dieser, wie die Messe als Ganzes, erfüllt einen Nutzen auf vielerlei Ebenen, politisch und gesellschaftlich. Warum betone ich das? Weil zahlreiche engagierte Organisationen sagen: Hier ist alles konzentriert, hier ist alles beieinander, wenn ich länderübergreifend aktiv werden will. Und darüber hinaus treffe ich hier die Branche in allen Facetten: Verbände, Rohstoffanbieter, Produzenten, Verarbeiter, Händler …“

„… Die politische Bedeutung soll weiter gestärkt werden und Themen aus Wissenschaft und Forschung sowie Fragen der nächsten Generation und des Nachwuchses werden sicherlich eine wichtige Rolle spielen.“

Das vollständige Interview gibt es HIER.

Einen Messerundgang findet Ihr HIER.

Leder mit Gift

Chromgegerbtes Leder ist toxisch für Mensch und Natur. Es gibt Alternativen.

(efp).- Lederjacke – chic. Lederhose oder Lederleggings – cool. Lackleder und Leder-Dessous – rattenscharf. Ledercouch, –armatur und -handtasche – stylisch. Lederschuhe – sowieso. Soweit der bundesdeutsche Alltag. Doch dass mit Leder nicht zu spaßen ist, zeigen der ZDF-Beitrag „Gift auf unserer Haut“ oder der ARTE-Report „Giftiges Leder“. Welches Leid Tiere in den Lederzentren der Welt erfahren, zeigt der preisgekrönte, aber schwer zu ertragende Film „Leiden für Leder“ im Internet.

Chromgegerbtes Leder – Kontaktallergien und Umweltverseuchung

Nicht Leder an sich ist giftig, sondern wird es durch den Einsatz von Chromsalzen, die Chromgerbung. Doppelt giftig wird diese durch unzeitgemäßen Umgang mit Chrom, wie das weltweit in Billiglohnländern – insbesondere in Bangladesch – üblich ist. Das dabei entstehende Chrom VI gehört zu den stärksten Kontaktallergenen überhaupt. Mit anderen Worten: Wer meint, zehn Paar Schuhe haben zu müssen, und sie infolgedessen besonders billig erwirbt – z.B. bei einem Sonderangebot im Discounter-Container –, der holt sich quasi vollautomatisch Gift ins Haus und auf die eigene Haut. Und wer das auch für seine Kinder tut …

Lederverarbeitung: 40 Kilo Haut, 20 Kilo Gift

Zweck der Gerbung ist die Umwandlung von leicht verderblicher Haut zu lange haltbarem Leder. Dabei durchdringen die Moleküle des Gerbstoffs die Zellstruktur der Haut. Um sich eine Vorstellung machen zu können: Um die 40 Kilo schwere Haut eines Bullen europäisch lederfein zu bekommen, werden bis zu 20 Kilo Chemie hineingepumpt. Was Wunder also, dass zwei Lederzentren – Hazaribagh in Bangladesch und Ranippettai in Indien – zu den am stärksten giftverseuchten Regionen der Erde gehören. Über China weiß man zu wenig.

Grünes Leder-Label: nicht in Sicht

Erkennen lässt sich solches Turbochemie-Leder leider nicht, es sei denn, es ist so amateurhaft behandelt, dass man seine Unart schon riechen kann. Weil aber 99 Prozent der Lederindustrie in das schmutzige Geschäft verstrickt sind, gibt es bis heute kein echtes Label, an dem man das eine Prozent Weizen in den 99 Prozent Spreu erkennen könnte. Meist wissen nicht einmal die Zwischenhändler und Händler Genaueres darüber, wie ruchlos die Ware hergestellt wurde, die sie einkaufen und verkaufen. Ausnahmen wie die mit hohen Umweltstandards arbeitende deutsche Lederfabrik Heinen (Marke terracare) bestätigen nur die Regel.

Gütesiegel, bei denen man sich wenigstens darauf verlassen kann, dass kein Chrom VI im Leder ist, sind das „EU Ecolabel“,„Naturleder IVN zertifiziert“ und „Ökotex Standard 100“. Für den „Blauen Engel“, „SG Schadstoff geprüft“ und das „ECARF Qualitätssiegel“ müssen die Chrom-VI-Werte unterhalb fester Grenzwerte liegen. Die Produktionsbedingungen werden nicht geprüft.

Schutz vor giftigem Leder

Was können wir also tun, um uns, unsere Kinder und unsere Mitwelt zu schützen? Jammern jedenfalls hilft nichts. Hier wie in allen anderen Konsumbereichen gilt die Regel Nr. 1: Weniger ist mehr; das heißt also:

  • Lederkleidung und -taschen gibt es in großer Auswahl in Secondhand-Shops.
  • Schuhe so kaufen, dass sie nicht nur zu einem Kleidungsstück passen, sondern universell tragbar sind.
  • Auch Secondhand-Schuhe können noch ganz prima aussehen und sind bei Kleinkindern oft neuwertig; sie fügen der Umwelt keinen neuen Schaden zu.
  • Eigene, noch gute Schuhe, die man nicht mehr will oder braucht, nicht herumstehen lassen, sondern der Wiederverwendung zuführen.

Regel Nr. 2: Nichts kaufen, was „komisch“ riecht.

Regel Nr. 3: Lederwaren mit vegetabiler Gerbung kaufen. Sie ist neben der Rauchgerbung, wie sie in der Steinzeit verbreitet war, das ursprünglichste Gerbverfahren. Traditionell wurde und wird mit Kiefern-, Erlen-, Eichen- und Granatbaumrinde gegerbt, außerdem mit Rhabarber, Kastanie, Galläpfeln und den Blättern des sizilianischen Gerber-Sumach. Vorbildlich, noch mit dem Verfahren der Altgrubengerbung, wird beispielsweise in der 1846 gegründeten Gerberei Csendes in Niedermohr gearbeitet oder in der seit 140 Jahren produzierenden Lederfabrik Rendenbach in Trier. Das Problem beim vegetabilen Gerben: Es dauert Monate, bis das Leder die gewünschten Eigenschaften entwickelt. Um den Gerbprozess drastisch zu verkürzen, werden in der Regel auch vegetabile Leder synthetisch vorgegerbt. So kommt zwar nach wie vor „Chemie“ zum Einsatz, allerdings ist die Menge deutlich reduziert.

Anbieter von pflanzengegerbten Lederwaren finden sich auf den Homepages des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft www.naturtextil.de sowie der Europäischen Stiftung für Allergieforschung an der Charité www.ecarf.org (Schwerpunkt Kinderschuhe).

Inwieweit die 4. Empfehlung, vegane Schuhe, tatsächlich empfehlenswert ist, erscheint noch unklar. Damit werden wir uns in einem eigenen Beitrag befassen. Einst steht jedenfalls fest: Mit Tierleid sind sie – zumindest vordergründig – nicht verbunden.

Quellen: Arte; daserste.de; lederpedia.de; natur 01/2016; utopia.de; Wikipedia; ZDF

SOL – Menschen für Solidarität, Ökologie und Lebensstil

(efp).- Die Spatzen pfeifen es inzwischen von den Dächern: Unser Lebensstil, unsere Entscheidungen, wo und was wir kaufen an Produkten und Dienstleistungen, wird letzten Endes über die Zukunft eines bewohnbaren Planeten Erde entscheiden. Eine wichtige Rolle in diesem Bewusstwerdungs-Prozess spielt die 1979 gegründete österreichische Initiative „SOL – Menschen für Solidarität, Ökologie und Lebensstil“. Wer sie noch nicht kennt: Der Klick auf ihre Homepage (http://www.nachhaltig.at) lohnt sich allemal für alle, die diesen Weg ein Stück mitgehen wollen.

Jetzt ist das SOL-Magazin Herbst 2015 erschienen – lesenswert wie immer. Herunterladen kann man es sich HIER.

Die Prinzipien von SOL in Kürze:

Solidarität: Alle Menschen auf der Welt haben ein Recht auf ein Leben in Würde und Frieden, auf ausreichende Ernährung und Bildung.
Ökologie: Auch künftige Generationen sollen eine Umwelt vorfinden, die ein Leben in Fülle und Schönheit ermöglicht.
Lebensstil: Deshalb müssen wir die politisch Verantwortlichen zum Umdenken bringen – und zugleich unseren eigenen Lebensstil verändern.

Solidarische und ökologische Lebensstile können lustvoll sein; nachhaltig leben bedeutet mehr Genuss mit kleinerem ökologischen Fußabdruck.

SOL bietet auch den einjährigen Lehrgang „Ich habe genug!“ als Fernkurs an (Kursbeitrag freiwillig nach persönlicher Einschätzung). Ziel ist dabei ein ganzheitliches Verstehen und Empfinden von Zusammenhängen oder, wie sie gerne sagen: „Wissen, das zum Handeln führt.“ Wer zumindest an 7 von 12 Lektionen aktiv teilnimmt, erhält ein Zertifikat von SOL. Den Lehrgang findet Ihr HIER.

Welterschöpfungstag tritt immer früher ein

Dieses Jahr ist die Regenerationskraft der Erde weitere sechs Tage nach vorne gerückt.

(efp).- Wenn wir nach einer Krankheit erschöpft sind und wiedergenesen sollen, schickt uns der Arzt in ein Rehazentrum. Wo aber geht die Erde hin, wenn ihre Ressourcen erschöpft sind? Sie hat keine andere Möglichkeit als durchzuhalten, solange es eben geht.

Der Tag, an dem die Erde ihre Ressourcen nicht mehr regenerieren kann, heißt Welterschöpfungstag bzw. Earth Overshoot Day. Errechnet wird er vom Global Footprint Network, das den globalen ökologischen Fußabdruck mit den Kapazitäten der Erde in Beziehung setzt.

Heuer tritt dieser Tag am 13. August ein, sechs Tage früher als letztes Jahr. An allen folgenden Tagen lebt die Menschheit ökologisch auf Pump. „Seit mehr als drei Jahrzehnten verbrauchen wir mehr Ressourcen, als uns eigentlich zur Verfügung stehen“, warnt WWF-Vorstand Eberhard Brandes. Wir leben über unsere Verhältnisse wie eine Gruppe von Menschen, die ihre Wintervorräte so schnell verzehrt, dass schon im Januar nichts mehr übrig sein wird, obwohl sie weiß, dass erst im April Nachschub kommt. Oder wie Steinzeitmenschen, die in ihrer Höhle gerne 24 statt 22 Grad hätten und dafür ein paar Nussbäume umhacken, von denen sie nächstes Jahr leben müssen.

Jeder Deutsche verbraucht pro Jahr mehr als doppelt so viele Ressourcen, wie ihm im globalen Mittel zustehen würden. „Deutschland ist bei der nachhaltigen Nutzung von Ressourcen kein Musterschüler. Es muss uns endlich gelingen, den deutschen Fußabdruck auf ein nachhaltiges Maß zu senken“, fordert Brandes. „Nur eine Verringerung des Fußabdrucks kann auch für unsere Kinder und Enkel ein hohes Wohlstandsniveau garantieren. Daher können und müssen wir uns diese Anstrengungen als eine führende Industrienation leisten.“

Deutschland müsse insbesondere Landwirtschaft und Verkehr nachhaltiger ausrichten, Schutzgebiete wirksamer schützen und die nationale Biodiversitätsstrategie zügig umsetzen. Von herausragender Bedeutung sei die konsequente Realisierung der Energiewende. „Politik, Unternehmen und Konsumenten haben die Mittel in der Hand, um nachhaltiger zu leben und zu wirtschaften, sei es durch höhere Energieeffizienz, erneuerbare Energien, bewussteren Fleischkonsum, umweltfreundliche Mobilität oder nachhaltigen Fischfang“, so Brandes.

Übrigens: Anfang der 70er Jahre lag der Welterschöpfungstag noch im Dezember, im Jahr 2005 fiel er auf den 20. Oktober.

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Quellen: nachhaltigleben.ch, wikipedia, wwf

Kein Leben ohne Boden

Der Mutterboden ist weltweit gefährdet – dabei ist er die Grundlage unserer Ernährung

BioFach 2015 in Nürnberg – Interview mit Michael Wilde, Leiter der Nachhaltigkeits- und Kommunikationsabteilung von EOSTA, einem Betrieb, der u.a. den deutschen Markt seit 25 Jahren mit frischem Bio-Obst und -Gemüse beliefert.

Jede Minute verlieren wir 30 Fußballfelder an fruchtbarem Boden


Ich habe gehört, dass ihr eine Initiative zur
Bodenqualität macht?

Ja, die Kampagne heißt auf Englisch: Save our Soils, auf Deutsch: Rettet unsere Böden. Die Kampagne führen wir jetzt seit 3 Jahren durch. Die FAO (Food & Agriculture Organization) der Vereinten Nationen möchte gerne, dass mehr Leuten bewusst wird, wie wichtig Böden sind und dass es den Böden eigentlich sehr schlecht geht. Und deshalb hat man uns gefragt, gemeinsam eine Kampagne aufzusetzen. Das ist die Save-our-Soils-Kampagne. 2015 ist das Internationale Jahr des Bodens und es ist sehr, sehr wichtig, gerade jetzt über Böden zu sprechen. Die Kampagne ist eigentlich sehr einfach angelegt. Es gibt 3 Stufen:

1. Wir sagen: The soil is the limit – es gibt ein Problem mit Böden: Wir verlieren 30 Fußballfelder jede Minute an fruchtbaren Böden.

2. Organic oder bio is the soilution, also die Lösung für das große Problem.

3. Auch sehr wichtig, um so viele Leute wie möglich in die Kampagne einzubeziehen: Become a soilmate – werde ein Freund der Böden, spreche darüber, denke darüber nach.

Ich vermute mal, das Ganze ist recht komplex. Und ich glaube, es wäre gut, wenn Sie uns einfach die Website nennen, wo man sich genauer darüber informieren kann.

Das ist eine gute Idee! Das ist www.rettetunsereböden.de bzw. www.saveoursoils.com.

Das gibt einem Energie!


Jetzt noch mal zu Ihrem Background: Vielleicht mögen Sie einmal zwei Sätze zu sich sagen: Woher kommen Sie? Und dann haben Sie sicherlich auch ein Umfeld, über das sich Spannendes erzählen lässt.

Ich komme aus Holland und mein Umfeld … ich will es mal so sagen: Mein Bruder ist als Kinderchirurg oft in Afrika und in der ganzen Welt unterwegs, um Kinder fit zu machen. Und ich fand es immer schön, dass jemand seine Arbeit damit kombinieren kann, etwas Schönes zu tun für die Welt und die Mitmenschen. Ich bin schon sehr lange im Bereich Obst und Gemüse tätig und habe mir überlegt: Wie kann ich da einen Job finden, in dem ich auch etwas für unsere Mitmenschen und diesen wunderbaren Planeten tue? Und dann bin ich glücklicherweise zu diesem Betrieb gekommen, zu Eosta, „where ecology meets economy“, also wo Kommerz und Ökologie sehr gut zusammengehen. Und jetzt bin ich sehr glücklich, dass ich hier zuständig bin für die Abteilung Nachhaltigkeit und Kommunikation, so dass ich alle die wunderbaren Dinge, die mit unseren Bioerzeugern auf der ganzen Welt passieren, kommunizieren darf. Und was für schöne Storys die haben! Diese Storys zu erzählen, das ist so wichtig. Und ich bin sicher, wenn mehr und mehr Leute diese Storys hören und wenn man eine Idee davon bekommt, dass man jedes Mal, wenn man ein Geschäft eingeht, eine Wahl trifft für die Welt, die man haben möchte – ja, das ist wahnsinnig wichtig. Das ist für mich das Größte, das gibt mir Energie.

Wow, ich merke, es sprudelt richtig aus Ihnen heraus. Vielleicht möchten Sie noch mal etwas zu Eosta sagen? Wie groß ihr seid, was man an Kennzahlen nennen kann, um Menschen, die das Unternehmen nicht sofort zuordnen können, eine Vorstellung zu geben …

Wir sind ein Marktführer in Europa im Bereich frisches Bio-Obst und -Gemüse. Wir haben eine sehr breite Palette von Produkten, also nicht nur Äpfel und Birnen und Kürbisse, sondern auch exotische Produkte wie Vanille oder Zitronengras oder Tamarinde, und wir haben ungefähr 80 Mitarbeiter. Wir sind im Vergleich mit anderen Obst- und Gemüsefirmen eigentlich nicht so groß, aber im Bio-Bereich sind wir schon eine der größten.

Die Welt können wir nur zusammen besser machen


Können Sie sich vorstellen, Ihr Unternehmen auch ohne weiteres Wachstum zu betreiben, oder ist das unmöglich?

Also ich finde es sehr gut, wenn wir wachsen. Weil Wachstum heißt, dass mehr und mehr Leute Bio essen, und ich finde, das ist nur gut für unsere Umwelt und für alle eigentlich: für das Wasser, für die Böden, über die wir gerade gesprochen haben, für die Biodiversität. Also ich bin sehr glücklich, wenn wir wachsen, weil das heißt, dass der ganze Biosektor wächst. Wenn es um Konkurrenz oder Wettbewerb geht: Für uns ist das schön, weil die Torte immer größer wird, und wir freuen uns auch, wenn unsere Wettbewerber wachsen. Wir haben alle, denke ich, das gleiche Ziel, nämlich mehr Leute für Bio zu gewinnen, und das ist nur positiv. Es ist ganz anders als im Nicht-Bio-Bereich, wo man sich wirklich bekämpft; hier sind wir nicht die dicksten Freunde, aber wir haben doch das gemeinsame Ziel vor Augen.

Inwiefern arbeitet ihr mit anderen Unternehmen zusammen?

Na zum Beispiel jetzt bei dieser Save-our-Soils-Kampagne, über die wir gerade gesprochen haben. Das ist ein superschönes Beispiel, wo wir mit anderen Unternehmen und Organisationen wie Alnatura oder Lebensbaum zusammenarbeiten, aber auch mit Bioland oder Naturland oder Demeter. Das Schöne ist, wenn man etwas findet, was uns alle verbindet, dann gibt es Energie, dann wird daraus wirklich die 1 plus 1 gibt 3- Geschichte. Das ist es auch, was der Bio-Konsument erwartet: Wenn wir die Welt besser machen, dann müssen wir das zusammen machen. Es geht nicht nur um ein Einzelunternehmen. Wir müssen das gemeinsam als Freunde mit allen zusammen tun. Das ist so wichtig, dass wir diese Zusammenarbeit suchen. Wenn wir ein Auto verkaufen, arbeiten wir nur mit unseren Kunden und mit unseren Herstellern. Dazu brauchen wir keine IFOAM (Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen), Demeter oder eine andere Organisation. Wenn es um eine Boden-Kampagne geht oder unsere frühere Kampagne „Bienen lieben Bio“, dann ist es wichtig, die Zusammenarbeit zu suchen.

Boden-Kampagne – Deutsche noch zurückhaltend


Was tun Sie innerhalb Ihres Unternehmens, um die Mitwelt zu schützen?

Wir sind ja mit Biolandwirtschaft beschäftigt, das hilft der Mitwelt, denke ich. Wenn wir auf unseren eigenen Betrieb schauen, kann man sagen: Wir haben sehr viele elektrische Autos, ich selbst fahre auch eines. Wir versuchen, mit der Energie selbstverständlich so sparsam wie möglich umzugehen, und wir investieren auch in die Leute, die bei uns arbeiten. Wir investieren, dass unsere Leute die Idee dahinter verstehen. Es gibt bei uns nicht nur Schulungen zu Excel oder Word, sondern auch Schulungen mit Leuten, die bei uns über andere Aspekte der Nachhaltigkeit sprechen: etwa Mitarbeiter von Banken oder vom World Wildlife Fund. Wir haben fast jede Woche einen Referenten im Hause, und dann gibt es immer ein Lunchmeeting: Während wir essen, erzählt jemand über solche speziellen Themen, das ist sehr interessant und sehr schön.

Engagieren Sie sich auch in den sozialen Medien, zum Beispiel auf Facebook oder Twitter?

Ja, wir sehen in Facebook ein unglaublich wichtiges Medium, um zu kommunizieren. Allerdings ist es in Deutschland etwas schwieriger als in anderen Ländern. Wir sehen, dass der deutsche Facebook-Konsument etwas zurückhaltender ist, wenn es um Firmen geht. Facebook-Follower zu sein, das ist etwas sehr Persönliches, aber wir versuchen da mehr und mehr zu machen. Social Media sind sehr wichtig. Und jetzt bei dieser Save-our-Soils-Kampagne zum Beispiel arbeiten wir mit einem Rapper aus Südafrika zusammen, der einen wunderschönen Rap gemacht hat über „Save our Soils“. Dazu haben wir ein supercooles Video gedreht (http://www.eosta.com/de/content/der-save-our-soils-song) und wir hoffen selbstverständlich, dass das durch Facebook, Twitter und Youtube online geht und dass viele Leute, die noch nie über Böden nachgedacht haben, diesen Film cool finden und dann denken: Okay, was ist das: Save our Soils? – Vielleicht muss ich mir darüber mal Gedanken machen. Insofern ist das ein gutes Beispiel, wie Social Media für uns hoffentlich wahnsinnig gut wirken wird.

Ihr habt auch eigene Facebook-Seiten?

Ja, für Eosta und auch für Save our Soils und Nature & More.

So gewinnen wir Likes auf Facebook


Was tut ihr, um möglichst viele Likes für die Facebook-Seiten zu bekommen?

Das ist verschieden. Man muss immer überraschend bleiben und man darf vor allem nicht nur über sich selbst sprechen. Aber das Schöne ist: Wir arbeiten mit diesen tollen Erzeugern zusammen und wir können über unsere Erzeuger berichten. Wir arbeiten mit einer Top-Küchenchefin, die schöne Rezepte für uns macht. Wir stellen Fotos her von Produkten, die man eigentlich nicht kennt, und fragen die Leute: Wisst ihr, was das ist? Was kann man damit tun? Und so kriegen wir schon einige Reaktionen. Und wir sehen jetzt vor allem auf der Save-our-Soils-Facebook-Page, dass das sehr schnell geht. Weil sich die Leute mit dem Jahr des Bodens doch beschäftigen und fragen, was da los ist. Und wir sind eine der wenigen Facebook-Seiten, auf denen es um die Böden geht – also, das hilft auch.

Noch eine Frage: Social Media ist ja gegenüber herkömmlicher Werbung und PR doch etwas anderes, man gibt ja die Kontrolle ab. Wie geht ihr damit um?

Naja, für uns ist Transparenz sowieso das Allerwichtigste. Viele unserer Produkte tragen vom Erzeuger eine Marke mit einem Code, mit dessen Hilfe man alles über den Erzeuger herausfinden kann. Die Welt ist heutzutage so transparent, damit kann man pro-aktiv umgehen – oder man kann Angst davor haben. Wir haben uns dafür entschieden, pro-aktiv damit umzugehen, weil wir schöne Storys haben und schöne Erzeugnisse. Nicht alles ist perfekt, aber das ist kein Problem, weil der Konsument auch nicht erwartet, dass alles perfekt ist. Ich bin mit diesen offenen Medien sehr, sehr glücklich und jede positive oder negative Reaktion ist gut, weil man auf diese Weise mit dem Endkonsumenten ins Gespräch kommt. Und für einen Betrieb wie den unsrigen ist es wichtig, zu hören und zu wissen, was sich da abspielt.

Herr Wilde, besten Dank für das Gespräch!

Die Transkription erfolgte durch
D
r. Ursula Ruppert, Deutsches Lektorenro Würzburg  –  http://deutscheslektorenbuero.de

Das Interview wurde geführt von
A
ndreas Sallam, greennet project UG / Freie Kommunikation und nachhaltiger Lebensstil e.V. (frekonale e.V.)
https://greennetproject.org/de

Anbauverband Biokreis – wer oder was ist das?

Viele Menschen glauben, mit dem Kauf eines Bioproduktes schon gut gehandelt zu haben. Natürlich ist Bio, auch EU-Bio, besser als konventionell. Trotzdem stellt sich zunehmend die Frage, wo denn die Unterschiede liegen. Der „Biokreis“ gehört zu den kleineren, weniger bekannten Öko-Anbauverbänden. Immerhin gibt es ihn seit 1979, er gehört also zum Bio-Urgestein. Im folgenden BioFach-Interview mit Heidi Kelbetz (zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Biokreis e.V.) geht es unter anderem darum, wie der Bio-Gedanke gehalten werden kann, und damit letztlich auch darum, welchen Gefahren er ausgesetzt ist.

ecoFAIRpr: Der Biokreis – wer oder was ist das?

BiokreisDer Biokreis ist ein eingetragener Verein, ein ökologischer Bauernverband. Wir sind ein Verein von ökologisch arbeitenden Landwirten, die wir mit ebenfalls ökologisch arbeitenden Verarbeiterbetrieben, Händlern oder Gastronomen verbinden, und so bauen wir unsere Bio-Netzwerke auf.

ecoFAIRpr: Ist der Verband regional oder deutschlandweit tätig?

Beides: Wir sind regional, weil uns das regionale Arbeiten sehr am Herzen liegt, aber wir sind auch bundesweit aufgestellt. Man kann bei uns auch Mitglied werden, wenn man nicht aus Bayern kommt. Sitz des Vereins ist Passau, wir haben aber weitere Geschäftsstellen in Hessen und in Nordrhein-Westfalen. Das sind eigene Erzeugerringe, die jeweils ihre Mitglieder haben, und wir haben sogar einen Bio-Bäcker aus Hamburg als Mitglied oder auch einen Putenbetrieb aus Mecklenburg-Vorpommern.

ecoFAIRpr: Jetzt sind wir hier gerade auf der BioFach [Weltleitmesse für Biolebensmittel], und Sie sind zum 5. oder 6. Mal hier. Können Sie uns Ihren Eindruck von der Entwicklung, vom Erleben der Messe schildern und auch von Ihrer Vereinsarbeit berichten? Ich denke, die Entwicklung der Messe und die Entwicklung der Vereinsarbeit haben sich in den letzten Jahren ähnlich verändert. Ich würde vermuten, das läuft parallel – oder nicht?

Nicht so ganz, denn auf der BioFach findet doch auch das „hochglanzpolierte“ Bio statt, das nicht unbedingt unsere Baustelle ist. Wir sehen uns ganz stark als die Bäuerlichen, die Regionalen, die Fairen – ich will jetzt niemandem unterstellen, dass er nicht fair wäre. Aber wir versuchen, uns wieder mehr an den ursprünglichen Bio-Gedanken zu erinnern, also daran, dass auch die krummen Gurken gegessen werden, dass sich Karotten mit Erde dran im Kühlschrank länger halten und man sie deswegen gar nicht so lange lagern muss, usw. Also diesen ursprünglichen Gedanken: Man nehme ein Huhn und verwerte es als Ganzes und nehme nicht nur die Brust und züchte entsprechende Rassen … Wir versuchen uns recht stark wieder darauf zu besinnen und daran zu orientieren. Und im Gegensatz dazu geht die BioFach doch immer stärker Richtung – ja, mir fällt kein besseres Wort ein – hochglanzpoliertes Bio.

ecoFAIRpr: Ein interessantes Statement. Denn ein Thema, um das es uns geht in unserer Öffentlichkeitsarbeit, ist: Bio geht hoch, geht möglicherweise gleichzeitig der Bio-Gedanke runter? Vielleicht sieht ja in 15 Jahren die Firma Wohlfahrt so aus wie die Firma Aldi, und man sagt sich: Was ist daraus geworden? Man arbeitet mit ähnlichen Methoden, versucht andere vom Markt zu drängen und, und, und … Sehen Sie die Gefahr, dass durch den Boom der Biobranche der alte Bio-Gedanke verloren geht?

Was mir dazu einfällt, ist das Thema: Woher kommt die Rohware? Wir sehen hier auf der BioFach sehr viele Unternehmen, die auch sehr international arbeiten, und das will ich auch gar nicht in Abrede stellen … Aber wir haben nun einmal das Ziel – erklärt sogar von der bayerischen Staatsregierung –, auch in Deutschland mehr Ökolandbau zu haben und alle Vorteile, die der Ökolandbau mit sich bringt, in Deutschland nutzen oder erleben zu können bzw. für uns und unsere Umwelt in Anspruch zu nehmen. Und das funktioniert eben nicht, wenn die Bioware, die zum Glück immer noch bio ist, teilweise ganz großräumig international bezogen wird.

ecoFAIRpr: Richtig, man kann auch die Kartoffeln aus Ägypten importieren statt aus der Oberpfalz!

Ganzjährige Verfügbarkeit etwa steht dem eigentlichen Bio-Gedanken entgegen. Das heißt, wer ganzjährig Tomaten essen will, kann sich nicht ganzjährig ökologisch ernähren. Das funktioniert nicht, weil die Tomaten, die aus Spanien kommen – so sehr sie bio sind –, einen sehr großen ökologischen Fußabdruck hinterlassen.

ecoFAIRpr: Wie sieht das für euren Anbauverband aus: Könnt ihr euch von dem Immer-mehr-Wachstum-Gedanken, der ja ein typischer alter Marktgedanke ist, lossagen oder inwiefern seid ihr gezwungen, doch mitzuschwimmen?

Biokreis_Logo_regional_und_fair_2007Ich denke, Marktwachstum ist etwas Grundlegendes für jede Form von Organisation oder Unternehmung. Stillstand funktioniert in den seltensten Fällen. Manchmal kann man sich auch gesund schrumpfen, aber dann wird auch wieder eine gewisse Form von Wachstum einsetzen. Wir wollen auch wachsen, weil wir sagen: Unsere Idee ist gut und so, wie wir Ökolandbau verstehen und vernetzen und fördern, hätten wir gerne, dass er sich ausbreitet. Insofern wollen wir auch wachsen, indem wir an Mitgliedern wachsen – sowohl im landwirtschaftlichen als auch im verarbeitenden Bereich. Bei wachsen und Landwirtschaft fällt einem sofort ein: wachsen oder weichen – das ist der Trend, dem wir gerne etwas entgegensetzen wollen. Dieser Trend ist ja noch längst nicht gestoppt, nur weil das politisch nicht mehr so gewollt ist wie vor 30 Jahren. Damals war das ganz klar der Weg: wachsen oder weichen. Aber wir sehen uns eben als bäuerlicher Verband und glauben, dass das auch eine sehr wichtige Position ist. Bäuerlich ist gar nicht so leicht zu definieren, wir haben in etwa folgende Definition für uns gefunden: Wir wollen die kleinen Höfe, denen es nicht in erster Linie um mehr und ums Wachsen geht, fördern, ihnen unter die Arme greifen und sie so gut vernetzen, dass sie nicht nur überleben, sondern dass sie eine Zukunft haben und diesem Wachsen oder Weichen entrinnen können.

ecoFAIRpr: Das ist ein wunderbarer Gedanke. Es bedeutet im Grunde genommen, dass ihr der Monopolisierung, die der klassische Markt typischerweise mit sich bringt, einen anderen Gedanken entgegensetzt.

Ja, uns ist es eigentlich in allen Bereichen lieber, wenn es Vielfalt und viele Kleine gibt, und da spielt wieder das Regionale hinein. Wenn man sich auf seine Region begrenzt – nicht aus Zwang, sondern aus dem idealistischen Gedanken heraus, dass es möglich sein muss, ein Brot zu essen, dessen Inhaltsstoffe mindestens zu 95 Prozent aus der näheren Umgebung kommen –, dann können viele kleine Bäcker nebeneinander wunderbar davon leben. Und dann ist es nicht notwendig, einen Betrieb so lange aufzupumpen, bis er den Gesetzen von ständiger Verfügbarkeit etc. etc. genügt, weil das Produkt nicht mehr individuell ist und weil es auch gar nicht mehr individuell verkauft werden kann. Diese ganzen Mechanismen, die greifen, wenn ein Betrieb sehr stark wächst – die müssen nicht unbedingt sein.

ecoFAIRpr: Wie sieht es denn mit anderen Anbauverbänden aus? Sie befinden sich ja zwangsläufig im Wettbewerb mit anderen Anbauverbänden. Ein Verband ist nach dem, was Sie gerade gesagt haben, auf der einen Seite ein ideelles Werkzeug, auf der anderen Seite muss der Verband aber natürlich selbst leben, auch wirtschaftlich überleben können, und dazu braucht er immer mehr Mitglieder.

Wir glauben, dass es wie in allen Bereichen ist: Konkurrenz belebt das Geschäft! Wir meinen, dass es für die Entwicklung der ganzen Ökobranche und auch für die Entwicklung der Ökolandwirtschaft sehr gut und wichtig ist, dass es mehrere Akteure gibt. Für uns wäre es eine nicht sehr angenehme Vorstellung, es wie in Österreich zu machen und das Ganze unter einen Hut zu packen … Klar ist da auch eine gewisse Konkurrenz, aber die Potenziale des Ökolandbaus sind viel größer, als sie bisher gelebt oder genutzt werden, und es ist nicht so, dass, weil der eine wächst, für den anderen nichts mehr übrig bleibt.

ecoFAIRpr: Aber momentan stagniert doch die Zahl der sich neu auf den Markt begebenden Biobauern eher. Sehe ich das richtig?

Ja, dazu fällt mir die vorherige Frage wieder ein: wie die BioFach sich entwickelt mit diesem starken Boom und dem ständig zweistelligen Wachstum am Biolebensmittelmarkt. Wir als Anbauverband haben ganz andere Jahre hinter uns: In den letzten zwei Jahren gab es – egal, ob das Bioland, Biokreis oder Naturland war –, an Fläche wie an Betrieben nur einen minimalen bis fast gar keinen Zuwachs. Wir haben aber die große Hoffnung, dass es sich in diesem Jahr ändert, denn wir haben jetzt viel bessere Förderbedingungen – in Bayern wird sogar die höchstmögliche Förderung pro Hektar gezahlt sowohl für die Umstellung auf als auch für die Beibehaltung von Ökolandbau. Und die konventionellen Preise gehen zum Glück wieder runter. Das war ja auch ein großes Problem, die hohen Preise im konventionellen Bereich. Was wir noch nicht gelöst haben, ist das Problem der Pachtpreise durch Biogasanlagen, durch die ganzen erneuerbaren Energien, aber es gibt momentan gute Bedingungen fürs Umstellen auf Ökolandbau und es gibt einige Landwirte, die in diesem Jahr auf den Zug aufspringen.

ecoFAIRpr: Frau Kelbertz, herzlichen Dank für das Gespräch!

 

 

 

Schätze in Schubladen und Schränken

Sauberkeit siegt: Die Waschmaschine ist der Deutschen wichtigstes Elektrogerät. Sie steht in 97 Prozent aller Wohnungen und verdrängt sogar den Fernseher (96 Prozent) in der Rangliste der wichtigsten Geräte auf Platz 2. Es folgt: der Herd (93 Prozent) und in 90 Prozent aller Stuben liegt unser liebstes Spielzeug – Rang 4 für das Handy.

Der deutsche Durchschnittshaushalt verfügt nach Schätzung des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) über mehr als 50 Elektro- oder Elektronikgeräte. „Tendenz steigend“, meldet die Branche.

21 Milliarden US-Dollar stecken als Rohstoffe in Elektrogeräten

Ein solcher Boom hat für die Umwelt aber eine gefährliche Kehrseite: Experten der Deutschen Umwelthilfe (DUH) schätzen, dass in unseren Schubladen und Schränken allein 120 Millionen – meist unbenutzte – Handys schlummern. Ausgemustert und vergessen lagern dort also massenhaft wertvolle Ressourcen. „Und ans Recyclen der Rohstoffe denkt kaum jemand“, bemängelt das Nachhaltigkeitsportal globalmagazin. Dabei sind Smartphones aber auch andere Elektrogeräte wahre Schatztruhen und Rohstoffreservoire. Gold, Silber und seltene Metalle für rund 21 Milliarden US-Dollar ließen sich jährlich z. B. durch die Wiederverwertung gebrauchter PC, Tablets, Handys oder Smartphones gewinnen. Das berechneten Wissenschaftler der e-Waste Academy. Sie tagten auf Initiative der UN-University und der Global e-Sustainability Initiative und zählten zusammen, dass die Hersteller jedes Jahr allein 320 Tonnen Gold und 7.500 Tonnen Silber in Elektronik-Gadgets verarbeiten. Diese Materialien besitzen einen Wert in der Größenordnung des Bruttosozialprodukts kleinerer Staaten.

Infografik_DrahtAllein in den ausrangierten Handys in Deutschland stecken laut DUH satte 1.000 Tonnen Kupfer – genug um daraus ein Kabel zu ziehen, das zweieinhalb Mal die ganze Erde umspannen würde, berechneten die Umweltexperten! Und allein das weltweit pro Jahr in Handys verbaute Gold entspricht laut Berechnungen der UN-University zweieinhalb Prozent des Werts der US-Goldreserven im Tresor von Fort Knox.

1.000 Handwerker haben sich dem Reparieren verschrieben

Ökologisch wäre es am besten, Elektrogeräte länger zu nutzen. Sind sie kaputt, können Reparatur-Spezialisten diese oft mit wenig Aufwand reparieren und eröffnen damit die Chance, lieb gewonnene Gegenstände zu behalten. Vor allem jedoch verhindert die Reparatur, dass beim Entsorgen der Geräte Schadstoffe wie Blei und Beryllium oder Brom aus Flammschutzmittel, die etwa in Handys stecken, die Umwelt verschmutzen und die Gesundheit der Menschen belasten.

Zum Wegwerfen sind Elektrogeräte – auch wenn sie alt und vielleicht lädiert sind – auf jeden Fall zu schade. Das wissen auch die auf www.meinmacher.de vereinten Handwerker. Deshalb verlängern sie die Lebensdauer von Smarthones, TV-Geräten, Kaffeemaschinen oder Rasierapparaten durch handwerkliches Geschick. „Schließlich kann ich durch Reparieren nicht nur jede Menge Geld sparen“, begründet Detlef Vangerow das Engagement seiner rund 1.000 selbstständigen Kollegen, „wir leisten damit auch einen wesentlichen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz.“ Damit sich die Reparatur-Bedingungen in Deutschland nachhaltig verbessern, hat Detlef Vangerow zur Reparatur-Revolution aufgerufen. Ziel ist etwa die bessere Versorgung mit Ersatzteilen zu fairen Preisen durch die Hersteller. „Davon“, begründet Vangerow, „profitieren dann auch die Besitzer der defekten Geräte.“

Wie doof sind wir eigentlich?

Kapselkaffee ist extrem teuer und schadet unserer Mitwelt. Trotzdem (oder deshalb?) wird er immer beliebter.

Was lernen wir daraus, dass Kaffeekapseln einen unglaublichen Boom hinlegen? Ich kenne Menschen, die „im Prinzip“ die Umwelt schützen wollen, aber bei Kapselkaffee machen sie „mal“ ne Ausnahme. Da muss ich mich – und ich bin tendenziell ein sanfter Mensch – wirklich zusammenreißen, um nicht überzukochen. Sorry, wenn ich einer/m von Euch damit zu nahe trete.

Ich gehe aber mal ganz menschenfreundlich davon aus, dass Menschen, die sich so ne Maschine kaufen, einem Kaufimpuls folgen, der sich gut anfühlt. Und wenn sich was gut anfühlt, dann kaufen wir eben. Es ist ja so praktisch für Kaffeefans: Nicht mehr denken, nur noch einlegen, drücken, einschalten, genießen. Oder? Das ist es doch. Dass dieses Verhalten aber auch ziemlich crazy ist, spricht sich inzwischen herum.

Am 21.3.13 meldete die Welt: 2012 wurden 32.000 Tonnen Kaffee in Pads abgefüllt verkauft. Von Januar bis April 2013f kauften rund 500.000 Deutsche eine Kapsel-Maschine. Die werden nämlich relativ billig angeboten, das Hauptgeschäft sind die Kapseln. Kauft jemand besonders günstige Kapseln ein, zahlt er 20 Euro fürs Pfund Kaffee, meistens eher 30 Euro. Und das alles meistens in Aluminium, dessen umweltschädliche, energieaufwändige Produktion die Spatzen vom Dach pfeifen (Alternative: biologisch abbaubare Kapseln bei Rewe). Genaue Kosten hat der WDR kürzlich vorgerechnet: 1 Pfund konventioneller Kaffee: ca. 5 €, 1 Pfund Lidl-Kapselkaffee: 19,14 €, 1 Pfund Kaffee in Nespresso-Kapseln: 37,04 Euro.

Was lernen wir also daraus? Eines auf jeden Fall: Das wir überwiegend nicht vom Gehirn, sondern von der Werbung gesteuert werden. Den Deutschen ist nämlich ihre Mitwelt keineswegs scheißegal. Sie sehen da nur keinen Zusammenhang. Jedenfalls nicht, wenn’s um ihre eigene Bequemlichkeit geht.

Schon gewusst? Teepads, Cappuccinopads und Schokoladenpads sind im Kommen. Es ist zum Kopf-an-die-Wand-stoßen. Gummizelle erwünscht.

Foto: pixabay/jarmoluk

Wider besseres Wissen – mit Gewissen

Weshalb Menschen unbedingt an den Segen des Wachstums glauben wollen

Dass der Wunsch den Willen regiert, kennt man von kleinen Kindern: „Mama, ich möchte ein Stück Schokolade.“ – „Tut mir leid, aber wir haben grade keine da. Heute Nachmittag gehen wir einkaufen, dann kannst ein Stück haben.“ – „Aber ich will die Schokolade jetzt.“ – „Tut mir leid, das geht nicht.“ – Tränen, ein untröstliches Kind, das nicht versteht, dass es etwas, das nicht da ist, nicht haben kann.

Überleben Glaubenssache?

Beim Thema Wachstum verhält sich die gesamte westliche Welt ganz ähnlich. Solange es bei der Theorie bleibt, würde jeder zustimmen: in einer endlichen Welt ist unendliches Wachstum nicht möglich. In der Praxis kommen Wirtschaftswissenschaftler, Unternehmer und Politiker ins Schwärmen, wenn sie Wirtschaftswachstum verkünden können. Da machen auch die Grünen keine Ausnahme, die nicht nur zu Weihnachtsmannzeiten an „Grünes Wachstum“ glauben.

Einen spannenden Blick in die Gedankenwelt der Postwachstumsidee gibt Prof. Niko Paech in folgendem Interview des Südwestrundfunks:

Ich möchte mich hier nicht mit der Pro-Kontra-Diskussion aufhalten, die unter dem Strich darauf hinausläuft, dass Wachstum, wenn es nur immer langsamer und umweltfreundlicher erfolgt, am Ende gar kein Wachstum sei. Vielmehr interessiert mich hier die Frage: Wie kommt es, dass große, nüchtern denkende, gut ausgebildete und logisch denkende Menschen in dieser Angelegenheit ihren gesunden Menschenverstand ausknipsen? Immerhin hängt daran womöglich das Wohl und Wehe des Planeten?

Kommunismus? War mal ganz normal.

Anthony de Mello würde hier vermutlich ganz einfach antworten: Weil sie so programmiert wurden. Und da ist sicher etwas dran. Alles an unserem Leben ist auf Konsum ausgerichtet. Was nichts kostet, ist nichts wert. Nimm einem Menschen sein Geld weg, und er ist erledigt. Von der ersten Nuckelflasche über die Schultüte und den Führerschein bis zum Sarg – zu jedem Lebensschritt gehören Geldausgaben wie die Luft zum Atmen. Und wer wollte schon ohne Luft sein.

Konsum ist uns als Selbstverständlichkeit derart ins Gehirn eintätowiert, dass uns Schenken als etwas ganz Besonderes vorkommt. Und die Idee, Dinge gar nicht zu besitzen, sondern miteinander je nach Bedarf und Bedürftigkeit zu teilen, dürfte die meisten unter uns massiv beunruhigen. Plötzlich stünde die Bedrohung des Kommunismus im Raum. Dabei haben die Menschen den allerlängsten Teil ihrer Geschichte genau so gelebt: organisiert in kleinen Gruppen von Jägern und Sammlern, die – von wenigen Dingen abgesehen – alles miteinander teilten.

Kapitalismus als Lebensentwurf

Glauben wir an den Segen dieses unseres Systems, gehört dazu automatisch der Glaube an Wachstum. Oder möchten Sie Ihr Geld ohne Zinsen anlegen? Der Gedanke an den Verlust des Systems, an das Ende des Kapitalismus, mündet ganz direkt in die Angst vor dem Ende des kompletten eigenen Lebensentwurf. Beruf, Familie, Freiheit, Besitz, Prestige, Urlaub, Komfort, Status, Zukunft – alles wäre augenblicklich gefährdet. Das Paradigma des Habens durchdringt uns wie Blutbahnen zu jeder einzelnen Zelle unserer gesellschaftlichen Existenz. Es gibt geringere Gründe, weshalb wir den Kopf tief in den Sand stecken würden, um von dort aus beschwörend zu rufen: Wir brauchen mehr Wachstum, mehr Wachstum, mehr Wachstum. Vielleicht ist das ja der Grund, weshalb mir diese Rufe immer so dumpf erscheinen. Die Sandschichten über dem Kopf dämpfen den Schall.

LINKS

Pro Wachstum und sehr prominent: http://newclimateeconomy.report/ bzw. http://static.newclimateeconomy.report/wp-content/uploads/2014/08/Besseres-Wachstum-Besseres-Klima.pdf

Das spannende Cradle-to-Cradle-Konzept: http://de.wikipedia.org/wiki/Cradle_to_Cradle

Geo Magazin: Neue4 Ökoinomie – es reicht: http://www.geo.de/GEO/natur/oekologie/neue-oekonomie-es-reicht-75679.html

Psychische Ressourcen zur Förderung nachhaltiger Lebensstile (Memorandum des Denkwerks Zukunft – Stiftung kulturelle Erneuerung): http://www.denkwerkzukunft.de/downloads/MemoPsycho.pdf